1. Unwirksamkeit einer AGB über die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch eine vom Bauträger bestimmte und mit ihm wirtschaftlich verbundene Tochtergesellschaft
Der BGH (Urt. v. 9.11.2023 – VII ZR 241/22, Ring, ZIP 2024, 621) hat sich erneut mit den Rechtsfolgen von Abnahmeklauseln in Bauträgerverträgen befasst, die eine Abnahme durch eine im Lager des Bauträgers stehende Person vorsehen. Entsprechende Klauseln hatte das Gericht aufgrund der mit ihnen einhergehenden Interessenkollision schon früher (BGH, Beschl. v. 12.9.2013 – VII ZR 308/12) als eine den Erwerber entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessene Benachteiligung und damit als nach § 9 Abs. 1 AGBG a.F. (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB) unwirksame AGB qualifiziert. Nun konstatiert der BGH im 1. Ls., dass eine von einem Bauträger in AGB eines Erwerbsvertrags verwendete Klausel, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch eine von ihm als Erstverwalter bestimmte, mit ihm wirtschaftlich verbundene (Tochter-)Gesellschaft ermöglicht, unwirksam ist.
Abnahmeklauseln begründen für den Erwerber nämlich im Hinblick auf die Abnahme die Gefahr, dass ein solcher Verwalter die Voraussetzungen der Abnahmefähigkeit des Gemeinschaftseigentums nicht neutral prüft, sondern zugunsten des Bauträgers verfährt, wodurch letzterer entscheidenden Einfluss auf die Abnahme nehmen kann. Für eine formularmäßige Abnahmeklausel, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen mit dem Bauträger wirtschaftlich oder rechtlich verbundenen Erstverwalter vorsah, hatte der BGH (Urt. v. 30.6.2016 – VII ZR 188/13) dies auch schon so vertreten. Dabei entspricht es bisher h.M. (BGH, Urt. v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15, Rn 58), dass sich der Verwender – auch gegenüber Nachzügler-Erwerbern – nicht selbst auf die Unwirksamkeit einer von ihm gestellten AGB berufen kann, weil die Inhaltskontrolle von Formularverträgen ausschließlich dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders dient und der Verwender deshalb aus einer solchen Unwirksamkeit für sich selbst keine Vorteile ziehen darf (BGH, Urt. v. 25.2.2016 – VII ZR 49/15 Rn 42).
2. Wirksamkeit einer Prämienanpassungsklausel in der privaten Krankenversicherung (PKV)
Eine Prämienanpassungsklausel in der PKV, nach welcher der Versicherer die Beiträge bei einer Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen um mehr als 5 % überprüfen und anpassen kann, aber nicht muss, weicht nach Ansicht des BGH (Urt. v. 12.7.2023 – IV ZR 347/22) nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 203 Abs. 2 S. 4 VVG i.V.m. § 155 Abs. 3 S. 2 VAG ab und benachteiligt diesen auch nicht „unangemessen” gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.
§ 203 Abs. 2 VVG i.V.m. § 155 Abs. 3 S. 2 VAG gestattet dem Versicherer eine Tarifanpassung, wenn von einer längerfristigen Abweichung um mehr als 10 % auszugehen ist. Nach dem in Rede stehenden Vertrag war dies schon ab einer Abweichung von mehr als 5 % möglich – wenngleich nicht zwingend. Der BGH erlaubt damit einer PKV Prämienanpassungen. Anpassungsklauseln vermeiden nämlich heftige Prämiensprünge, was den Versicherten zugutekommt. Wenn die tatsächliche von der kalkulierten Prämie abweicht, dürfen private Krankenversicherer sie anpassen, und zwar auch dann, wenn die Abweichung unter 10 % liegt.
Die Klausel benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB „unangemessen”, weil die Prämien in beide Richtungen angepasst, also erhöht oder gesenkt werden können. Damit dient die Anpassung nicht der Durchsetzung eigener Interessen des Versicherers zu Lasten des Versicherungsnehmers, sondern auch den Belangen der Versichertengemeinschaft.
Zu beachten ist, dass die Rechtsprechung zu Preisanpassungsklauseln anderer Vertragstypen nach Ansicht des BGH nicht übertragbar ist, weil die konkret in Rede stehende Klausel kein einseitiges Recht des Versicherers vorsieht, Kostensteigerungen oder Zinsentwicklungen „nach billigem Ermessen” an den Versicherungsnehmer weiterzugeben.
3. „Sicherungsabtretung” eines Schadensersatzanspruchs zugunsten eines Kfz-Schadensgutachters
Eine als „Sicherungsabtretung” bezeichnete formularmäßige Klausel in einem Vertrag über die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens, nach der der geschädigte Auftraggeber dem Sachverständigen in Bezug auf dessen Honoraranspruch seinen auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger abtritt und in der u.a. bestimmt ist, der Sachverständige sei „berechtigt, jedoch nicht verpflichtet”, die Rechte aus der Abtretung gegenüber dem Drittschuldner geltend zu machen, und dem Geschädigten sei bekannt, dass er sich um die Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche „selbst kümmern” müsse, ist nach Ansicht des BGH (Urt. v. 10.10.2023 – VI ZR 257/22) wegen „unangemessener Benachteiligung” des Vertragspartners des Verwenders gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
Die Abtretungsklausel benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders entgegen dem Gebot von Treu und Glauben in unangemessener Weise. Sie ist daher gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. „Unangemessen” i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Benachteiligung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgl...