Entscheidungen, welche die Rolle der Rechtsschutzversicherungen im Berufsrecht betreffen, lassen sich nicht unter die üblichen Kategorien einordnen. Dass sie nichtsdestotrotz von Interesse sein können, zeigt eine Entscheidung des IV. Senats (Urt. v. 14.8.2019 – IV ZR 279/17, ZAP EN-Nr. 693/2019 m. Anm. Grams NJW 2019, 3587). Im zugrunde liegenden Fall war gegen den Versicherungsnehmer ein Bußgeldbescheid ergangen. Gegenüber dem mit seiner Verteidigung betrauten Rechtsanwalt hatte der Rechtsschutzversicherer i.R.d. Kostendeckungszusage die Anweisung erteilt, mit dem erforderlichen Sachverständigengutachten eine bestimmte Gesellschaft zu betrauen. Dem war der Anwalt nicht nachgekommen. Stattdessen hatte er zu höheren Kosten einen anderen Sachverständigen beauftragt. Der Versicherer verweigerte daraufhin i.H.d. Mehrkosten die Freistellung des Versicherungsnehmers. Der IV. Senat kam zu dem Schluss, dass die Schadensminderungsklausel (§ 17 Abs. 1 c) bb) ARB 2010), auf die sich die Versicherung im Rahmen ihrer Weisung berufen hatte, intransparent sei. Der um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer könne nicht erkennen, welches bestimmte Verhalten von ihm verlangt werde, um seinen Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht zu gefährden. Er müsse in seine Überlegungen verschiedene alternative Vorgehensweisen einbeziehen und deren jeweilige Auswirkungen in rechtlicher Hinsicht bewerten und gegeneinander abwägen, um beurteilen zu können, ob sich mit einer kostengünstigeren Vorgehensweise das angestrebte Rechtsschutzziel erreichen lasse oder ob das höhere Kosten auslösende Vorgehen derart gewichtige Vorteile biete, dass ihn der Versicherer ohne unbillige Beeinträchtigung seiner – des Versicherungsnehmers – Interessen nicht auf die kostengünstigere Alternative verweisen könne.

Auch ein zur Leistungsfreiheit führendes schuldhaftes Verhalten sei dem Versicherungsnehmer nach Auffassung des IV. Senats nicht vorzuwerfen. Das Verhalten seines Rechtsanwalts müsse er sich nicht über § 17 Abs. 7 ARB 2010 zurechnen lassen, da die Klausel ebenfalls unwirksam sei. Sie widerspreche den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, zu der auch alle von der Rechtsprechung durch Auslegung, Analogie oder Rechtsfortbildung aus einzelnen gesetzlichen Bestimmungen hergeleiteten Rechtssätze gehörten. Der bisherigen Rechtsprechung zufolge sei dem Versicherungsnehmer das Handeln und Wissen eines Dritten nur in engen Grenzen zuzurechnen. Damit sei die in § 17 Abs. 7 ARB 2010 vorgesehene uneingeschränkte Zurechnung der Kenntnisse und des Verhaltens eines durch den Versicherten zur Abwicklung des Rechtsschutzfalls gegenüber dem Versicherer eingeschalteten Rechtsanwalts unvereinbar.

Autor: Akad. Rat Dr. Christian Deckenbrock und Akad. Rat Dr. David Markworth, Universität zu Köln

ZAP F., S. 7–24

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