1 Rettungsversuch für Sammelanderkonten: Änderung § 4 BORA
Die Satzungsversammlung der Rechtsanwaltschaft hat jüngst den Versuch unternommen, die Problematik der bankseitig massenhaft gekündigten Anderkonten zu lösen. Mit einer Änderung in § 4 BORA will sie faktisch einen Beitrag zum Erhalt der Anderkonten leisten.
Zum Hintergrund: Anfang 2022 war es ohne Vorwarnung zu massenhaft durch die Banken gekündigten anwaltlichen Anderkonten gekommen. Dieser Kündigungswelle vorausgegangen war eine Änderung der Risikoeinstufung in den Auslegungs- und Anwendungshinweisen (AuA) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Um den sich hierdurch ergebenden erhöhten Prüfaufwand bzgl. der seitens der Anwaltschaft unterhaltenen Konten zu vermeiden, hatten sich die Banken entschlossen, die Sammelanderkonten einfach zu kündigen. In der Folge gab es Gespräche zwischen der BRAK und verschiedenen Ministerien und Verbänden; auch die Satzungsversammlung unternahm im April 2022 einen ersten „Rettungsversuch”: Durch eine erste Änderung in § 4 Abs. 1 BORA wurde klargestellt, dass Sammelanderkonten nicht generell „auf Vorrat” unterhalten werden müssen (vgl. dazu Anwaltsmagazin ZAP 2022, 533).
Nun wurde ein weiterer Versuch unternommen, die Bedenken der Banken auszuräumen, indem ihre Sorgfaltspflichtprüfung bei der Risikoeinstufung herabgesetzt wird. Mittels einer weiteren Änderung in § 4 BORA müssen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte künftig sicherstellen, dass keine Transaktionen über Sammelanderkonten abgewickelt werden, bei denen Risiken der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bestehen. Bestimmte – einzelne – Geldflüsse dürfen nach der Änderung künftig generell nicht mehr über Sammelanderkonten laufen, beispielsweise solche aus Immobilientransaktionen und Unternehmenskäufen oder größere Bargeschäfte und Überweisungen von oder auf Konten in Hochrisikoländern.
Nach Auffassung der Satzungsversammlung vermag diese Normänderung zwar eine Herabstufung des Risikos nicht zu erzwingen; gleichwohl sei die Änderung ein Beitrag, um diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die auf die Nutzung der Konten angewiesen seien, zu unterstützen. Die Änderung in der BORA bedarf allerdings noch der Zustimmung des Bundesjustizministeriums.
[Quelle: BRAK]
2 Beschlüsse der Herbst-Justizministerkonferenz
Unter dem Vorsitz des Landes Bayern fand im November 2022 die Herbstkonferenz der Justizminister der Länder und des Bundes statt. Die Ressortchefs beschäftigten sich mit Themen wie dem Schutz von Mietern und des Rechtsstaats. Auch das Jurastudium stand auf der Tagesordnung. Die aus anwaltlicher Sicht interessantesten Beschlüsse sind nachfolgend kurz dargestellt:
Zivilrecht
1. Weiterer Mieterschutz im Wohnraummietrecht
Die Justizministerinnen und -minister haben sich mit den Auswirkungen der aktuellen Preisentwicklung auf Mieterinnen und Mietern befasst. Insbesondere aufgrund des erheblichen Anstiegs der Energiekosten und der massiv gestiegenen Inflation müssten diese mit hohen Betriebskostennachzahlungen und der Erhöhung von Betriebskostenvorauszahlungen rechnen. Ihnen drohten schlimmstenfalls Kündigung und Räumung, wobei die aktuelle Preisentwicklung die Suche nach bezahlbarem Wohnraum zusätzlich erschwere. Die Ressortchefs halten daher gesetzgeberische Maßnahmen für erforderlich, insb. im Recht der Mietverhältnisse über Wohnraum (§§ 549 ff. BGB). Der Bundesjustizminister wurde gebeten, folgende Änderungen zu prüfen:
- Beschränkung der Kündigung wegen Verzugs der Mieterin oder des Mieters mit einer Betriebskostennachzahlung oder erhöhten Betriebskostenvorauszahlungen für einen befristeten Zeitraum.
- Erstreckung des sog. Nachholrechts des Mieters (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB) auf die ordentliche Kündigung der Vermieterin oder des Vermieters.
- Einführung eines ordentliches Mieterkündigungsrechts für Fälle, in denen bei Zeitmietverträgen (§ 575 BGB) und Mietverträgen mit befristetem Kündigungsausschluss aufgrund neuer unvorhersehbarer Umstände die Bindung an den Mietvertrag bis zum Ablauf der Befristung unzumutbar wird.
- Einführung eines gesetzlichen Anspruchs von Mieterinnen und Mietern auf Erteilung einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung durch die Vermieterin oder den Vermieter.
2. Nutzung „stiller Wohnraumreserven”
Angesichts der anhaltenden Wohnungsknappheit in vielen deutschen Städten haben sich die Justizministerinnen und Justizminister der Länder mit dem Phänomen befasst, dass Mieterinnen und Mieter häufig in relativ großen Wohnungen wohnen bleiben, die sie früher mit ihren Familien bewohnt haben. Der Wunsch nach einem Umzug in eine kleinere Wohnung v.a. in Ballungsgebieten werde aber meist nicht umgesetzt. Dies liege u.a. daran, dass die Betroffenen über günstige Altmietverträge verfügten und bei Abschluss eines neuen Mietvertrags deutlich höhere Mieten bezahlen müssten. Solche „stillen Reserven” im Wohnungsmarkt könnten aber gehoben werden, so die Auffassung der Ressortchefs. Sie baten den Bundesjustizminister, die Einführung eines Bestandsschutzes von entsprechend umzugsbereiten Mieterinnen und Mietern mit Blick auf die Miethöhe zu prüfen.
3. Erleichterungen...