2017 gründeten die drei Parteien ein Unternehmen, das sich auf die Herstellung von Outdoorküchen spezialisierte. Dazu errichteten sie die A-GmbH, diese fungierte wiederum als Komplementärin der A-GmbH & Co. KG. Die drei Parteien beteiligten sich als Kommanditisten an der KG. Der Gesellschaftsvertrag sah die Möglichkeit einer Kündigung aus wichtigem Grund vor (§§ 133, 140, 161 Abs. 2 HGB). Einer der drei Gründer, der spätere Kläger, war außerdem geschäftsführender Gesellschafter der B GmbH. Einer der anderen beiden Gründer arbeitete bei der B-GmbH seit 2006 als technischer Leiter. Die Arbeitsplätze der Mitarbeiter von A und B waren nicht getrennt. Die A-GmbH & Co. KG entwickelte sich positiv.
Der Kläger sah die Verflechtung der Tätigkeiten von A und B zunehmend kritisch. Er meinte, es sei nicht Aufgabe oder Pflicht der B-GmbH, damit eine Querfinanzierung zugunsten der A-GmbH & Co. KG vorzunehmen. Eine Gesellschafterversammlung der A-GmbH im Februar 2020, in der der Kläger eine Monatsmiete von 1.200–1.500 EUR für die von B zur Verfügung gestellten Räume und Server thematisierte, endete im Streit. Der Kläger forderte den zweiten Gesellschafter, den technischen Leiter der B-GmbH, dazu auf, dieses Beschäftigungsverhältnis zu beenden. Das tat er nicht, sodass der Kläger ihm fristlos wegen verschiedener Vorwürfe kündigte. Außerdem hatte der Kläger den Zugang zum Server der B für den technischen Leiter gesperrt. Im anschließenden Kündigungsschutzprozess schlossen beide hierzu einen Vergleich, nach dem die Vorwürfe nicht mehr aufrechterhalten wurden. Zwischenzeitlich waren auch die Mitarbeiter von A für den Server der B gesperrt, was aber zwischenzeitlich wieder aufgehoben wurde. Außerdem verlangt der Kläger noch die Auszahlung seines Darlehenskontos.
Nach diesen Störungen arbeitete die B-GmbH die Aufträge der A wieder ordentlich ab. Eine weitere Gesellschafterversammlung im April 2020 lief relativ reibungslos ab. Die Geschäftsbeziehung zwischen der A und B endete am 10.5.2020, wobei Produktionsmaterial von der B an die A zurückgegeben wurde. In der nächsten Gesellschafterversammlung am 15.6.2020 beschlossen die zwei Gesellschafter jedoch, den Kläger aus dem Unternehmen gegen eine Abfindung zum Buchwert zu kündigen. Als Begründung wurden ausdrücklich die oben genannten Vorfälle angeführt, die alle als schwerwiegende Pflichtverletzungen bis hin zum Prozessbetrug eingestuft wurden. Der Kläger ging gerichtlich gegen den entsprechenden Gesellschafterbeschluss für die Kündigung vor.
Das OLG Hamm (Urt. v. 1.3.2023 – 8 U 48/22) beurteilte den Beschluss allerdings als rechtens. Materiell betrachtete das OLG das Verhalten des Klägers als wichtigen Grund für die Kündigung: Die Aussperrung der A-Mitarbeiter und des technischen Leiters vom Server bei B, die rechtlich nicht haltbare Kündigung des technischen Leiters bei B, die erst auf anwaltlichen Druck aufgehoben wurde, das Rückzahlungsverlangen des Klägers werden in ihrer Gänze vom OLG als massive, wenn auch kurzfristige Behinderungen der A und daher als gravierende Verstöße gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht gewertet.
Die Frage, ob die kündigenden Gesellschafter entsprechend dem Grundgedanken der §§ 314 Abs. 3, 626 Abs. 2 S. 1 BGB zu lange mit der Kündigung gewartet haben, verneinte das OLG. Zwar stellt es fest, dass der Beschluss für die Kündigung aus wichtigem Grund vom 15.6.2020 erst in einem zeitlichen Abstand von mehr als zehn Wochen nach den zugrunde liegenden Streitigkeiten im Februar/März 2020 erfolgte. Dieser Zeitablauf beseitige nicht das Recht zur fristlosen Kündigung. Zwar ist es in zerrütteten Gesellschafterverhältnissen der Gesellschaft nicht zuträglich, das Gesellschafterverhältnis allzu lange in der Schwebe zu halten. Das OLG hielt das Zuwarten der beiden verbleibenden Gesellschafter aber im Hinblick auf eine angemessene Überlegungsfrist und den für das Unternehmen A sinnvollsten Zeitpunkt für nachvollziehbar.
Hinweis:
Liegen wichtige Gründe für eine außerordentliche Kündigung vor, sollten über diese dennoch schnell entschieden werden. Denn die Wichtigkeit der Gründe relativieren sich rasch, wenn der betreffende Gesellschafter weiter unbehelligt seine Gesellschafterfunktion ausfüllen darf. Das Gericht sagt dann möglicherweise, „Dann kann es auch nicht so wichtig gewesen sein ...”.