Ein Branchenverband darf unter bestimmten Bedingungen Rechtsdienstleistungen für seine Mitglieder (hier: Brauereien) erbringen. Voraussetzung dafür ist, dass der Verband zur Wahrung gemeinsamer Interessen gegründet worden ist, ohne Gewinnerzielungsabsicht arbeitet und seine Rechtsdienstleistung im Rahmen des satzungsmäßigen Aufgabenbereichs erfolgt. Das hat der Kartellsenat des BGH kürzlich entschieden (BGH, Urt. v. 26.9.2023 – KZR 73/21, ZAP 2024, 10).
Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde: Schon vor rund fünf Jahrzehnten hatten sich 40 kleinere Brauereien als Kommanditgesellschaft – als sog. Mittelstandskartell nach dem GWG – unter dem Namen „Die Freien Brauer” organisiert. Ziel des Zusammenschlusses war es, für die Mitglieder u.a. den Einkauf von Rohstoffen bei einem großen Zuckerhersteller zu koordinieren. Gegen diesen Lieferanten verhängte das Bundeskartellamt im Jahr 2014 wegen verbotener Gebiets-, Quoten- und Preisabsprachen rechtskräftig ein Bußgeld. Die Schadensersatzansprüche aus diesem Verfahren traten die kleinen Brauereien an ihre Vereinigung ab, die diese anschließend einklagte. Allerdings wiesen die mit dem Schadensersatzanspruch befassten Gerichte – das LG Mannheim und das OLG Karlsruhe – die Klage ab; sie befanden, dass die Kommanditgesellschaft über keine Erlaubnis nach § 3 RDG verfüge und ihr deshalb die Aktivlegitimation fehle.
Das sah der Kartellsenat des BGH anders. Er befand, dass die Vorinstanzen die einschlägige Vorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG in mehrerer Hinsicht zu eng ausgelegt haben. Erlaubt seien nach dieser Vorschrift Rechtsdienstleistungen, die berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen im Rahmen ihres satzungsgemäßen Aufgabenbereichs für ihre Mitglieder erbrächten, soweit sie gegenüber der Erfüllung ihrer übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung seien. Nichtzutreffend sei, dass die Anwendung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG auf eine Vereinigung, die nicht hauptsächlich einen ideellen Zweck verfolge, sondern einem Gewerbe oder einer anderen Erwerbstätigkeit nachgehe, ausgeschlossen sei. Der Wortlaut der Vorschrift gebe für die Beschränkung des Vereinigungsbegriffs auf Idealvereine (§ 21 BGB) und Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit einem ideellen Zweck nichts her. Voraussetzung sei lediglich, dass es sich um eine berufliche Vereinigung oder um eine solche handelt, die zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründet worden sei.
Dass einem Branchenverband i.S.d. § 7 Abs. 1 RDG – entgegen der Ansicht der Vorinstanz – auch eine gewerbliche Tätigkeit erlaubt ist, folgert der BGH aus Wortlaut und Sinn der Vorschrift sowie auch aus der bisherigen Rechtsprechung und der Literatur. Zwar finde sich in der ursprünglichen Gesetzesbegründung mehrfach der Begriff „Verein”; im späteren Verlauf des Gesetzesvorhabens sei der Gesetzgeber aber auf den Begriff „Vereinigung” übergegangen, der sich dann auch im Wortlaut des Gesetzes niedergeschlagen habe. Auch durch den Schutzzweck des RDG, den spezifischen Gefahren für Rechtssuchende entgegenzutreten, die von gewerblichen Anbietern ausgehen, werde eine Gewerblichkeit von Branchenverbänden nicht ausgeschlossen; denn von den speziell zur Wahrung gemeinsamer Interessen gegründete Vereinigungen gehe eine solche Gefahr für die Allgemeinheit nicht aus.
Im Gegenteil liege es bei dem hier tätigen Branchenverband so, dass seine satzungsgemäße Tätigkeit auch Hilfsgeschäfte für die gewerblichen Unternehmen seiner Gesellschafter beinhalte. Das treffe etwa auf die Verhandlungen mit den Zuckerherstellern und die Organisation des gemeinsamen Einkaufs zu. Als ausgegliederter Teil der Gewerbebetriebe ihrer Gesellschafter habe die Kommanditgesellschaft insoweit dieselbe wirtschaftliche Zielsetzung, die die Gesellschafter mit ihrer eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit verfolgten. Das bedinge, dass sie einen kaufmännischen Betrieb führe, der dauernd und planmäßig am Rechtsverkehr teilnehme.
Die Tätigkeit des Verbandes müsse auch nicht unentgeltlich erfolgen, stellte das Gericht klar. Er sei berechtigt, seinen Mitgliedern nach einem vereinbarten Verteilungsschlüssel z.B. die an seine Beschäftigten gezahlten Gehälter, Honorare an Beauftragte und auch Bürounkosten in Rechnung zu stellen, wobei in diesem Rahmen keine „kleinliche Betrachtungsweise” angewandt werden dürfe, mahnten die Richter. Eine Gewinnerzielungsabsicht könne darin nicht gesehen werden.
Die Voraussetzungen einer erlaubten Beratungstätigkeit nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG sah der Senat nach alldem vorliegend als erfüllt an.
[Quelle: BGH]