Mit einer Überlastungsanzeige kann der Arbeitnehmer auf seine Situation aufmerksam machen. Die Überlastungsanzeige ist sowohl Recht als auch Pflicht des überlasteten Arbeitnehmers. Ziel einer solchen Anzeige ist es, den Arbeitgeber über eine ordnungswidrige Arbeitssituation zu informieren, damit dieser pflichtgemäß für Abhilfe sorgen kann. Der Begriff "Überlastungsanzeige" ist weder im Gesetz noch in Tarifverträgen ausdrücklich genannt. Doch setzt sich dieser Begriff immer mehr als eine selbstverständliche Umschreibung für die Anzeigepflicht des Arbeitnehmers durch, die sich aus dem Gesetz, aus § 242 BGB, §§ 15, 16 ArbSchG, ergibt. Nach diesen Regelungen hat der Arbeitnehmer auch selbst dafür Sorge zu tragen, dass er sich keiner Gesundheitsgefährdung aussetzt. So heißt es in § 16 Abs. 1 ArbSchG ausdrücklich:
Zitat
"Die Beschäftigen haben dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden".
Auch wenn diese gesetzliche Formulierung aus der Zeit stammt, in der eher der Sicherheitsgedanke im Umfeld von Arbeitsgerätschaften und schädlichen Emissionen im Vordergrund stand, umfasst die Norm ebenso die Gesundheitsgefahren durch psychische Fehlbelastung (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 4.3.2013 – 3 A 2225/09 Rn 98). Mit dieser Pflicht zur Überlastungsanzeige korrespondiert das Recht zur Überlastungsanzeige, welches sich als Rückschluss aus den §§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 ArbSchG ebenfalls ergibt. Da Sinn und Zweck einer Überlastungsanzeige naturgemäß das Abhilfeverlangen des Anzeigenden ist, ergibt sich mit dem Recht zur Überlastungsanzeige ebenfalls auch das Recht auf ein Abhilfeverlangen gegenüber dem Arbeitgeber. Anders wäre eine solche Überlastungsanzeige rechtlich ohne Bedeutung (gute Zusammenfassung zur Überlastungsanzeige bei Lindner, PersR 2014, 34 f.).
Hinweis:
Eine bestimmte einzuhaltende Form gibt es für die Überlastungsanzeige nicht.
Inhalt einer Überlastungsanzeige:
- Konkrete Bezeichnung des Anzeigenden mit Namen, Abteilung, ggf. Nennung des unmittelbaren Vorgesetzten;
- Beschreibung des Aufgabenbereichs (vertragliche Vereinbarung, nach Dienstanweisung und nach tatsächlichem Arbeitsalltag);
- genaue Beschreibung der bemängelten Überlastungssituation (Darlegung, wie es nach eigener Auffassung hierzu kommt, wie z.B. akuter Personalmangel, veraltete oder ungeeignete Software o.ä.);
- ggf. Benennung von Zeugen, z.B. Arbeitskollegen, die die Situation bestätigen können;
- Benennung der konkret nicht zu erledigenden Aufgaben oder nicht anweisungsgemäß erledigten Aufgaben und des Grundes dafür ("nach nun 14 Arbeitsstunden mache ich Feierabend");
- Formulierung des Abhilfeverlangens (z.B. "Ich bitte darum, möglichst schnell Maßnahmen zur Arbeitsentlastung zu ergreifen");
- ggf. Vorschlag, wie Abhilfe erreicht werden kann (z.B. bei mengenmäßiger Überlastung: "Als vorübergehende Maßnahme schlage ich vor, Zeitarbeitspersonal einzusetzen.").
Insbesondere für Führungskräfte mit Personalverantwortung ist eine genaue Beschreibung der Überlastungssituation äußerst wichtig, da sich die möglichen Konsequenzen der Überlastung, sei sie nun mengenmäßig oder anders verursacht, auf die nachgeordneten Mitarbeiter nachteilig auswirken kann. So kann es bei überlastungsbedingter vernachlässigter Führung von Personal wiederum zu psychischen Überlastungssituationen nachgeordneter Arbeitnehmer kommen. Dies muss offen gegenüber dem Arbeitgeber kommuniziert werden. Oft nehmen gerade Führungskräfte eine solche Situation, in denen sie ihre Führungsaufgaben nicht mehr im gebotenen Maße ausüben können, als eigenes Versagen wahr und schweigen über die Situation. Sie nehmen sich vor, die Umstände nach und nach wieder in Ordnung zu bringen, wenn sich der Zeitdruck oder eine andere akute Überlastungssituation wieder gegeben hat. Hierzu kommt es in den meisten Fällen jedoch nicht nach bereits länger andauernden Überlastungssituationen.
Soweit der Arbeitgeber keinerlei Abhilfe die Überlastungssituation betreffend schafft, stellt sich die Frage, wie oft die Überlastungsanzeige zu wiederholen ist. Der Arbeitnehmer muss gem. §§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 ArbSchG die Überlastungsanzeige stets unverzüglich auf den Weg bringen. Das dürfte der Zeitpunkt sein, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeit aus eigener Kraft nicht mehr ordnungsgemäß erbringen kann oder in dem der überlastete Arbeitnehmer merkt, dass er eigenen psychischen Gesundheitsschaden zu nehmen beginnt. "Unverzüglich" bedeutet gemäß der Legaldefinition in § 121 Abs. 1 BGB ein "Handeln ohne schuldhaftes Zögern". In den meisten Fällen wird es so sein, dass eine Überlastungssituation einige Zeit besteht, bevor der Arbeitgeber für Abhilfe sorgt. Erfahrungsgemäß dauert es umso länger, je größer das Unternehmen ist. Dies lässt sich auf die Notwendigkeit zurückführen, dass verschiedene Entscheidungsebenen durchlaufen werden müssen, wenn es um die Abänderungen von St...