Mit einer kürzlich ergangenen Entscheidung zu einem atypischen anwaltlichen Mandat hat der Bundesgerichtshof (BGH) Vorgaben zur Auslegung von Klauseln der Berufshaftpflichtversicherung gemacht. Im Ergebnis verneinte der IV. Zivilsenat eine Haftung der Versicherung für die Mithilfe des bei ihr versicherten Anwalts beim Verkauf von Lebensversicherungen, da diese nicht der in den Bedingungen abschließend beschriebenen "Tätigkeit als Rechtsanwalt" entsprach (BGH, Beschl. v. 18.3.2020 – IV ZR 52/19).
Der Fall: Der Anwalt war als Treuhänder der Kläger beim Verkauf von mehreren Lebensversicherungen tätig geworden. Im Jahr 2012 untersagte die Schweizer Bankenaufsicht der Käuferin, einer Schweizer Aktiengesellschaft, die sich auf den Ankauf von Lebensversicherungen spezialisiert hatte, den Vertrieb wegen Verstoßes gegen das Schweizer Bankengesetz. Daraufhin ging diese in Konkurs, die Kunden gingen leer aus. Sie klagten deshalb gegen den deutschen Anwalt, der im Wege eines Vergleichs Ansprüche gegen seine Haftpflichtversicherung an die Kunden abtrat. Die Haftpflichtversicherung war allerdings der Meinung, hier keine Deckung gewähren zu müssen.
Dieser Auffassung schloss sich letztinstanzlich jetzt auch der BGH an. Es liege bei der fraglichen Aktivität des Anwalts keine versicherte Tätigkeit i.R.d. Berufshaftpflicht vor. Dies gelte auch bei der gebotenen weiten Auslegung des Deckungsumfangs. Der Senat verweist auf die Allgemeinen Haftpflichtbedingungen der betroffenen Gesellschaft, die die versicherten Tätigkeiten mit "freiberuflich ausgeübter Tätigkeit als Rechtsanwalt" beschreibt sowie des Weiteren ausdrücklich mitversicherte Tätigkeiten katalogartig aufzählt, etwa die als Insolvenzverwalter, Abwickler, Sequester, Nachlasspfleger, Vormund, Mediator, Schiedsrichter usw. Darunter falle die fragliche Geschäftsbesorgung aber nicht, so der Senat. Im Streitfall liege der Schwerpunkt des Vertrags zwischen dem Rechtsanwalt und seinen Mandanten in der wirtschaftlichen Durchführung einer Kapitalanlage im Rahmen eines bereits vorgegebenen Systems.
Eine Rechtsberatung sei nach dem Vertragswortlaut nicht vereinbart worden. Der die Kündigung der Altverträge – und eine damit etwa im Raum stehende Beratung oder Inkassodienstleistung – betreffende Teil der Tätigkeit gebe dem Treuhand- bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag nicht überwiegend das Gepräge eines Anwaltsvertrags, vielmehr liege der Schwerpunkt in der Abwicklung der Altverträge und der treuhänderischen Entgegennahme des Geldes.
Angesichts der Aufzählung einiger mitversicherter Tätigkeiten in den Versicherungsbedingungen gehe es auch nicht an, das zentrale Merkmal der "freiberuflich ausgeübten Tätigkeit als Rechtsanwalt" derart weit auszulegen, dass es praktisch jede, wenn auch nur sehr untergeordnete rechtsberatende Tätigkeit als Anwalt umfasse. Bei einem solchen Verständnis der Versicherungsbedingungen wäre die ausdrückliche Aufzählung weiterer mitversicherter Tätigkeiten, die die Absicht des Versicherers zum Ausdruck bringt, das Leistungsversprechen einzugrenzen, überflüssig.
Am Ende muss der Kollege den Schaden daher möglicherweise aus eigener Tasche begleichen. Man darf vermuten, dass ihn die Summe – es ging insgesamt um knapp 19.000 EUR – nicht überfordern wird. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen die Schadenshöhe ganz andere Dimensionen erreicht. In Zweifelsfällen bezüglich des Deckungsumfangs dürfte sich daher eine Rückfrage beim Haftpflichtversicherer immer empfehlen.
[Red.]