Der EuGH (Urt. v. 5.5.2022 – C-179/21) hatte zur Informationspflicht bezüglich Herstellergarantien die Rechtslage bereits grds. geklärt. Nach diesem Urteil ist nur derjenige Händler verpflichtet, sich die Garantieinformationen des Herstellers zu beschaffen und darüber vollständig zu belehren, der die Garantie zum „zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots” macht. Zu relevanten Gestaltungsformen wird sich die Rechtsprechung nun neu positionieren müssen.
Mit Urt. v. 10.11.2022 – I ZR 241/19, Herstellergarantie IV (s. ZAP EN-Nr. 738/2022 [Ls.]) – hat der BGH das Verfahren, in dem die Vorlagefragen gestellt wurden, abgeschlossen und die Grundsätze des EuGH weiter konkretisiert. Den Unternehmer trifft eine vorvertragliche Pflicht zur Information über eine Herstellergarantie für ein im Internet angebotenes Produkt, wenn er die Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht. Erwähnt er in seinem Internetangebot die Herstellergarantie dagegen nur beiläufig, muss er dem Verbraucher keine Informationen hierzu zur Verfügung stellen. Im konkreten Fall hatte ein Unternehmer in seiner Internetwerbung auf ein Produktinformationsblatt des Herstellers verlinkt, in dem ohne Herausstellung eine Herstellergarantie erwähnt wurde.
Der BGH differenziert zwischen zwei verschiedenen Gesetzespflichten. Zum einen ergibt sich fernabsatzrechtlich nach § 312d Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 12 EGBGB die Verpflichtung, ggf. über das Bestehen von Garantien zu belehren. Geschieht dies – unter Berücksichtigung der Auslegungsweise gemäß EuGH – nicht, so liegt ein Fall der Irreführung durch Unterlassen (§ 5a Abs. 1 UWG) bzw. des Vorenthaltens wesentlicher Informationen (§ 5b Abs. 4 UWG) vor. Nach den von dem EuGH dargestellten Grundsätzen löst die Verlinkung auf ein Produktinformationsblatt insofern noch keine Informationspflicht des Händlers aus. Auf dieses Produktinformationsblatt konnte der Verbraucher nur zugreifen, wenn er den auf der Angebotsseite unter der Zwischenüberschrift „Weitere technische Informationen” befindlichen, als „Betriebsanleitung” bezeichneten Link anklickte. Eine solche Gestaltung sei kein „zentrales oder entscheidendes Merkmal des Angebots”.
Zum anderen ergibt sich eine weitere Verpflichtung zur Information über Garantien aus dem Verbrauchsgüterkaufvertrag (§ 479 BGB). Wer insofern die rechtlich erforderlichen Informationen nicht erteilt, begehe eine unlautere geschäftliche Handlung (§ 3 UWG) sowie Rechtsbruch (§ 3a UWG). Die Vorschrift des § 479 BGB sei eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG. Unter den Begriff der Garantieerklärung i.S.d. §§ 479 Abs. 1, 443 Abs. 1 BGB fallen nach Auffassung des BGH allerdings nur Willenserklärungen, die zum Abschluss eines Kaufvertrags (unselbstständige Garantie) oder eines eigenständigen Garantievertrags führen, nicht dage-gen die Werbung, die den Verbraucher lediglich zur Bestellung auffordert und in diesem Zusammenhang eine Garantie ankündigt, ohne sie bereits rechtsverbindlich zu versprechen. Eine durch das Internet übermittelte Aufforderung zur Bestellung sei im Zweifel als bloße Einladung zur Abgabe eines Angebots (invitatio ad offerendum) aufzufassen. Insofern ergebe sich für den Hinweis auf die Garantie im Produktinformationsblatt des Herstellers auch aus diesem rechtlichen Gesichtspunkt keine Informationspflicht des Händlers.