Eine mit Elektro- und Unterhaltungsgeräten handelnde Verkäuferin bewarb über ihren Onlineshop ein Computergehäuse im Rahmen einer Rabattaktion zu einem Preis von 114,90 EUR brutto. Die Bestellung eines Kunden zu diesem Preis stornierte die Händlerin sogleich und bot den Artikel für einen höheren Preis (175 EUR) an. Auf zweimalige Reklamation des Kunden erklärte die Händlerin, den Artikel nur zu dem höheren Preis verkaufen zu wollen. Als Begründung gab sie an, es habe eine falsche Preisangabe im Onlineshop gegeben, die auf einer fehlerhaften Übermittlung eines Lieferanten sowie auf dem Fehler einer Mitarbeiterin beruhe. Der zunächst angegebene Preis sei in höchstem Maße unwirtschaftlich. Auf die Abmahnung eines qualifizierten Unternehmensverbands hin verweigerte die Händlerin die Unterwerfung mit Hinweis auf ein ihrer Meinung nach wettbewerbsrechtlich nicht relevantes Versehen einer Mitarbeiterin. Der Unternehmerverband (Kläger) reichte vor dem LG Gießen Unterlassungsklage gegen die Händlerin (Beklagte) ein. Nach durchgeführter Beweisaufnahme wies das Gericht die Klage ab. Die ursprüngliche Preisangabe sei nicht als unwahr i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG anzusehen, da die Zeugen dem Gericht die Überzeugung verschafft hätten, es könne „nicht ausgeschlossen” werden, dass die Stornierung der Bestellung des Verbrauchers auf einem individuellen Fehler einer Mitarbeiterin der Beklagten beruhe, der wettbewerbsrechtlich unschädlich sei. Die Beklagte habe Urkunden vorgelegt, die nahelegten, dass sie das in Rede stehende Produkt zu dem im Onlineshop genannten Preis auch tatsächlich an Dritte veräußert habe. Hiergegen legte der Kläger Berufung beim OLG Frankfurt a.M. ein. Dieses sah die Rechtslage anders als die Vorinstanz und gab der Klage des Verbands statt (Urt. v. 24.11.2022 – 6 U 276/21). Es verurteilte die Beklagte, es „zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr den Verkauf von Waren des Sortiments unter Preisangabe und Angabe einer Lieferzeit zu bewerben, sofern keine Bereitschaft besteht, das Produkt zu dem Internet angegebenen Preis und innerhalb des angegebenen Zeitraumes tatsächlich dem Kunden zu liefern” sowie zur Zahlung der Abmahnkostenpauschale. Die Tatsache, dass es sich bei der falschen Preisangabe lediglich um einen Einzelfall bzw. um einen „Ausreißer” handelte, würde die Geeignetheit, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, nicht entfallen lassen. Der Preis sei ein entscheidendes Element für die Kaufentscheidung. Abzustellen sei in erster Linie auf die potenziellen Auswirkungen für den angelockten Verkehr und nicht auf die Hintergründe des Verstoßes. Die Tatsache, dass dem Kunden vor Abschluss des Kaufvertrags dann der tatsächliche Preis doch noch genannt wurde (hier nach der Stornierung durch die Beklagte), sei nicht geeignet gewesen, eine Veranlassung zu einer geschäftlichen Entscheidung des Verbrauchers auszuschließen. Zu dem Zeitpunkt sei die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers, die Bestellung aufzugeben, nämlich unabhängig davon schon bereits getroffen, ob tatsächlich ein Kauf zustande kommt.