Das OLG Brandenburg (Urt. v. 21.7.2022 – 10 U 65/22) hatte sich – in einem einstweiligen Verfügungsverfahren – mit der Sperrung eines gewerblichen Händler-Accounts auf der Plattform eBay zu beschäftigen gehabt. Der gesperrte Händler hatte beantragt, der Plattformbetreiberin aufzugeben,
Zitat
- „eine von ihr vorgenommene Löschung der von ihm auf seinen beiden Nutzerkonten bei ihr eingestellten Verkaufsangebote unverzüglich rückgängig zu machen, diese Verkaufsangebote unverzüglich wieder in die beiden Nutzerkonten einzustellen” und
- „die vorgenommene Sperrung seines Accounts mit den beiden Nutzerkonten mit sofortiger Wirkung aufzuheben”.
Das LG Potsdam hatte den diesbezüglichen Antrag durch Beschl. v. 10.1.2022 – 2 O 481/21 – zurückgewiesen. Der Verfügungskläger hatte hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt. Durch Urt. v. 24.3.2022 hat das LG Potsdam sodann seinen Beschl. v. 10.1.2022 „zur Klarstellung aufgehoben” und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (erneut) zurückgewiesen. Hiergegen legte der Verfügungskläger Berufung ein. Das OLG Brandenburg entschied, dass das LG Potsdam den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Recht abgewiesen habe. Es vertrat die Ansicht, dass weder ein Verfügungsgrund (Dringlichkeit) noch ein Verfügungsanspruch bestanden.
Ein Verfügungsgrund (Dringlichkeit) liegt dann vor, wenn zu besorgen ist, dass durch eine bevorstehende Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts der Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO). Vorliegend hatte der Verfügungskläger elf Wochen abgewartet, um gegen die Sperrung der beiden Nutzerkonten vorzugehen. Dieser Zeitablauf von elf Wochen sprach nach Ansicht des Gerichtes gegen eine Dringlichkeit.
Das Gericht führte ferner aus, dass es mangels Dringlichkeit auf die weiteren Punkte, die das Gericht sodann aber thematisierte, nicht mehr ankam.
Der Antragsteller müsse so dringend auf die sofortige Erfüllung seines Leistungsanspruches angewiesen sein oder ihm müssten so erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen, dass ihm ein Zuwarten oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht zumutbar sei. Bei wirtschaftlichen Nachteilen sei insoweit erforderlich, dass der Antragsteller anderenfalls in eine existenzielle Notlage gerate. Diesbezüglich verwies das Gericht u.a. auf Rechtsprechung des OLG Frankfurt a.M., des OLG Köln, des OLG Düsseldorf und des OLG Naumburg. Das Gericht verkannte nicht, dass vereinzelt die Anforderungen durch die Rechtsprechung nicht ganz so streng gehandhabt würden. Beispielsweise werde vertreten, dass die vorgenannten Voraussetzungen hinreichend glaubhaft gemacht sein, wenn es auf der Hand liege, dass der Ausschluss eines Antragstellers, der im Internet mit einem – durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemachten – Umsatz von 8.000 EUR täglich tätig gewesen sei, von einem besonders bekannten und bedeutenden Internetmarktplatz seine geschäftlichen Aktivitäten erheblich beeinträchtige und ein Ausweichen auf andere Internetmarktplatze die Folgen der Sperrung nur unvollständig kompensieren könne. Insofern nahm das Gericht auf eine eigene Rechtsprechung aus dem Jahr 2008 Bezug. Ob diese Rechtsprechung weiterhin aufrechterhalten werden kann, musste nicht entschieden werden. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass der Verfügungskläger zwar das Wegbrechen eines bedeutenden Internetmarktplatzes durch die Sperrung glaubhaft gemacht habe, nicht aber eine Bedrohung seiner wirtschaftlichen Existenz. Er habe zwar zu erzielten Umsätzen vorgetragen. Um eine existenzielle Notlage darlegen zu können, hätte es eher nahegelegen, Einkommenssteuererklärungen und ggf. Einkommenssteuerbescheide vorzulegen. Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass der Verfügungskläger noch über andere Einnahmen oder auch Vermögen verfüge.