Der BGH hatte – in wettbewerbsrechtlichen Verfahren – zur Haftung von Unternehmen betreffend Warenpräsentationen auf Amazon bereits in Urteilen v. 3.3.2016 – I ZR 110/15 sowie I ZR 140/14 – entschieden. In beiden Verfahren hatten sich Händler gegen wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche damit verteidigt, dass nicht sie die Produktangaben in dieser Form auf der Plattform eingestellt hätten. Der BGH hat klargestellt, dass dieser Aspekt irrelevant sei. Er führte aus, dass selbst dann, wenn der Plattformbetreiber eigenmächtig Änderungen vornehme, sich der Händler die von der Plattform vorgegeben produktbezogenen Angaben letztlich zu eigen mache. Aufgrund dessen treffe den Händler – als Nutzer der Verkaufsplattform – die Pflicht, seine dort veröffentlichen Angebote auf Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die Zurechnungen der Gefahr, für falsche Angaben Dritter zu haften, ist nach Ansicht des BGH nicht unbillig, da die Händler auch die Vorteile der internetbasierten, allgemein bzw. weltweit zugänglichen und eine weitgehende Preistransparenz vermittelnden Plattform für sich in Anspruch nehmen.
In einem zum Urheberrecht geführten Verfahren hat das LG Köln (Urt. v. 22.8.2022 – 14 O 327/21) diese zum UWG ergangene Rechtsprechung auf das Urheberrecht übertragen. Eine Designerin, die auch als Fotografin tätig war, hatte u.a. das Bilderwerk „L” herausgegeben. Eine Online-Händlerin betrieb einen An- und Verkaufsservice für gebrauchte Medien, insb. Bücher. Sie nutzte u.a. das Verkaufsportal Amazon unter dem Account „N”. Das Werk „L” der Designerin wurde auf der Verkaufsplattform Amazon angeboten, wobei die beiden – später – im Klageantrag eingeblendeten Lichtbilder zur Bewerbung als Produktbild verwendet werden. Die Online-Händlerin „hängte sich” an ein bereits vorhandenes Angebot bei Amazon für dieses Werk an und verkaufte dort ein Exemplar dieses Buchs. Die Designerin ist der Ansicht, dass die Online-Händlerin als Täterin der rechtswidrigen öffentlichen Zugänglichmachung der streitgegenständlichen Lichtbilder auf Amazon hafte. Sie ließ daher die Online-Händlerin abmahnen, die jedoch die Ansprüche zurückwies. Aufgrund dessen erhob die Designerin Klage und beantragte, es der Beklagten zu untersagen, ohne Einwilligung der Klägerin die im Antrag eingerückten Fotografien, welche Gegenstand des Werks „L” seien, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ferner nahm die Klägerin die Beklagte auf Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Kostenerstattung in Anspruch. Das LG Köln verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Diese hafte, so das Gericht, für das öffentliche Zugänglichmachen der Lichtbilder als Täterin. Ihre Passivlegitimation als Täterin folge daraus, dass sie auf einer Internethandelsplattform in ihrem Namen ein bebildertes Verkaufsangebot veröffentlichen lasse, obwohl sie dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrsche, weil dem Plattformbetreiber die Auswahl und Änderung der Bilder vorbehalten bleibe. Die Nutzung eines vollautomatisierten Geschäftsmodells, bei dem keine Prüfung der einzelnen Angebote stattfinde, stehe der Täterschaft nicht entgegen. Das Risiko von Urheberrechtsverletzungen hafte einem solchen Geschäftsmodell an. Es bestehe kein Grund, eine solche Automatisierung anders zu beurteilen als im Falle eines Händlers, der händisch Angebote erstelle und dabei eine Prüfung unterlasse. Der Haftung der Beklagten als Täterin stehe auch nicht der von ihr vorgetragene und gescheiterte Versuch entgegen, nach der Abmahnung eine Löschung der streitgegenständlichen Lichtbilder zu erreichen. Ein solches „Nachtatverhalten” könne die bereits eingetretene Rechtsverletzung nicht beseitigen oder neutralisieren.