Werbung i.S.d. Verordnung (EU) Nr. 528/2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (Biozid-Verordnung) ist „ein Mittel zur Förderung des Verkaufs oder der Verwendung von Biozidprodukten durch gedruckte, elektronische oder andere Medien” (Art. 3 Abs. 1 lit. y) Biozid-VO). Bei jeder Werbung für ein Biozid-Produkt muss folgender Warnhinweis vorgehalten werden: „Biozid-Produkte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen.” (Art. 72 Abs. 1 S. 1 Biozid-VO). Der Warnhinweis muss in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang mit den Angaben zu dem Produkt angeordnet sein. Er muss sich von der eigentlichen Werbung deutlich abheben und gut lesbar sein (Art. 72 Abs. 1 S. 3 Biozid-VO). Es reicht nicht aus, den Warnhinweis auf einer Folgeseite zu einer Produktbeschreibung anzuordnen (LG Essen, Urt. v. 28.4.2021 – 44 O 42/20). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass derjenige, der ein Biozid-Produkt ohne Beachtung dieser Vorgabe anbietet oder bewirbt, wettbewerbswidrig i.S.d. UWG handelt (z.B. LG Essen, Urt. v. 28.4.2021 – 44 O 42/20).
Der vorgenannte Warnhinweis war Gegenstand eines Verfahrens vor dem LG Frankfurt a.M. gewesen (Urt. v. 5.12.2023 – 3-06 O 22/23). Ein Unternehmen hatte auf seiner Webseite ein Reinigungs- und Desinfektionsmittel, das unstreitig ein Biozid-Produkt darstellte, beworben. Die Webseite diente allerdings lediglich der Produktinformation („Schaufenster”) und eröffnete keine Kaufmöglichkeiten. Das Unternehmen bot jedoch Cash-Back-Optionen an. Der vorgenannte Warnhinweis zu Biozid-Produkten („Biozid-Produkte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen.”) war auf der Webseite nicht enthalten gewesen. Ein aktivlegitimierter Verband beanstandete die Bewerbung des Biozid-Produktes, ohne die nach Art. 72 Abs. 1 Biozid-VO vorgeschriebenen Informationen vorzuhalten, als wettbewerbswidrig. Er forderte das Unternehmen daher u.a. zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Dieses änderte zwar seine Werbung und beglich die Kosten der Abmahnung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gab es jedoch nicht ab. Der Verband nahm das Unternehmen daher vor dem LG Frankfurt a.M. auf Unterlassung in Anspruch. Dieses entschied antragsgemäß
Zitat
„ ... es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für die Reinigungs- und Desinfektionsmittel „...” und / oder „...” zu werben, ohne den Hinweis „Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen” deutlich vom Rest der Werbung abgehoben wiederzugeben, wobei statt des Wortes „...” auch die genaue Bezeichnung der Produktart verwendet werden kann, sofern dies geschieht wie aus der Anlage K 4 ersichtlich.”
Das Gericht entschied, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG zustehe. Nach § 5a Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer einem Verbraucher oder einem sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm wesentliche Informationen vorenthält, die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und deren Vorenthaltung dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Als wesentlich i.S.d. Regelung gelten auch solche Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen für kommerzielle Werbung einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen (§ 5b Abs. 4 UWG).
Die auf ihrer Webseite vorgehaltene Produktwerbung der Beklagten stellte nach Ansicht des Gerichtes eine kommerzielle Kommunikation i.S.d. vorgenannten Regelungen dar, da sie zumindest mittelbar der Förderung des Absatzes von Waren gelte. Zwar würden die Produkte nicht unmittelbar auf der Webseite vertrieben. Jedoch richte sich diese gerade an den Endverbraucher und ermögliche eine Cash-Back-Option, wobei letztere für den Kunden einen Kaufanreiz darstelle, der zumindest mittelbar den Absatz fördere. Indem der eingangs genannte Warnhinweis gem. Art. 72 Abs. 1 Biozid-VO auf der Webseite der Beklagten bei dem betroffenen Produkt nicht verwendet werde, würden den Verbrauchern wesentliche Informationen vorenthalten. Die Wesentlichkeit ergebe sich aus § 5b Abs. 4 UWG, denn es handele sich bei dem Hinweis für Biozid-Produkte um eine Information, die dem Verbraucher aufgrund der Regelung des Art. 72 Abs. 1 Biozid-VO nicht vorenthalten werden dürfe.