Das frühere Haftungsprivileg zugunsten des Halters gegenüber unentgeltlich beförderten Insassen ist mit Wirkung zum 1.8.2002 entfallen. Seitdem haben auch die Mitfahrer (nicht der Fahrer!) gegen den Halter einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus der Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG. Daneben kann der Halter nach Maßgabe der §§ 823 ff. BGB oder etwaiger vertraglicher Regelungen haften. Alleiniger Regelungsinhalt des § 8a S. 1 StVG ist das Verbot, die Haftung des Halters für Personenschäden im Falle einer entgeltlichen, geschäftsmäßigen Personenbeförderung, wie z.B. durch Taxen, Busse oder Krankenwagen, auszuschließen oder zu beschränken. Die Voraussetzungen der Entgeltlichkeit und der Geschäftsmäßigkeit müssen kumulativ vorliegen. Im Übrigen ist eine Haftung nach dem StVG ausgeschlossen; der Halter haftet nur nach Maßgabe der §§ 823 ff. BGB oder etwaiger vertraglicher Regelungen (z.B. Beförderungsvertrag). Entsprechendes gilt wegen der Verweisung in § 18 StVG für die Haftung des Fahrers. Aus einem Umkehrschluss zu § 8a StVG folgt, dass ein solcher Haftungsausschluss im Falle einer unentgeltlichen oder nicht geschäftsmäßigen Personenbeförderung formlos zulässig ist; die Wirksamkeit eines Haftungsausschlusses muss sich allerdings an den allgemeinen Regeln messen lassen (z.B. §§ 307, 309 Nr. 7 BGB im Falle allgemeiner Geschäftsbedingungen oder §§ 104 ff. BGB bei Kindern und Jugendlichen).
a) Beförderung
Beförderung i.S.d. § 8a StVG ist ein rein tatsächlicher Vorgang. Genügend, aber auch erforderlich, ist die Aufnahme einer körperlichen Verbindung des Beförderten mit dem Kfz zwecks Ortsveränderung (OLG Hamm MDR 1995, 154; OLG Koblenz NZV 1993, 193, Beförderung auf einem Kfz-Dach). Der Abschluss eines (Beförderungs-)Vertrags ist nicht Voraussetzung. Auch der "blinde Passagier" wird befördert. Dagegen werden der Fahrer, der Fahrschüler und der angestellte Fahrlehrer nicht befördert und fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 8a StVG. Es ist nicht Voraussetzung, dass der Halter selbst die Beförderung durchführt. Eine Haftung des Vermieters (= Halter) besteht auch dann, wenn die Personenbeförderung mit einem kurzzeitig gemietetem Kfz durchgeführt wird (BGH MDR 1991, 1078). Zur Beförderung gehören: das Ein- und Aussteigen bis zu deren vollständiger Beendigung (BGH VersR 1970, 179); die Ladevorgänge vor und nach der Fahrt; das Auf- und Abspringen beim fahrenden Kfz; der ein Kfz Startende (OLG Hamm NZV 1995, 154).
Der Beförderungsvorgang endet, sobald der Fahrgast ausgestiegen ist. Dabei wird der Vorgang des Aussteigens noch dem Beförderungsvorgang zugerechnet, und zwar bis zu dessen vollständiger Beendigung. Bleibt ein Kfz nach einem Unfall auf der Fahrbahn liegen und wird der Kfz-Insasse, der aus dem Fahrzeug ausgestiegen war, nunmehr von einem anderen Fahrzeug angefahren, kann sich der Halter des verunfallten Fahrzeugs nicht mehr auf den Haftungsausschluss des § 8a StVG berufen. Dass der Halt und das Verlassen des Fahrzeugs unfreiwillig geschahen und nicht dem gewünschten und geplanten Fahrvorgang entsprachen, ist unerheblich (OLG Celle NZV 1999, 332).
b) Entgeltlich
Die Person, die die Beförderung übernommen hat (d.h. der Halter, Kfz-Eigentümer, Fahrer, etc.), muss für die Beförderung irgendeine in ihrem wirtschaftlichen Interesse liegende Gegenleistung (§ 1 PBefG) erhalten haben, wobei auch künftige oder nur mittelbare, wirtschaftlich messbare Vorteile genügen (BGHZ 80, 303 = NJW 1981, 1842; BGHZ 114, 348 = NJW 1991, 2143). Entgeltlich sind z.B. die Beförderung von Handelsvertretern bei Werbefahrten im firmeneigenen Kfz (OLG Düsseldorf NJW 1961, 837), die Beförderung von Kranken, die Beförderung zu Hotels und Flugplätzen, die (kostenlose) Beförderung von Musikern zu einer Konzertveranstaltung durch den Veranstalter (BGH MDR 1991, 1078), die Beförderung im Mietwagen mit Fahrer oder der Werktransport von Beschäftigten von und zur Arbeitsstelle (Hentschel/König, a.a.O., § 8a StVG Rn 3).
Keine Entgeltlichkeit liegt dagegen bei der Mitnahme gegen Kostenerstattung oder Benzinkostenbeteiligung vor, wenn der Fahrer auch sonst gefahren wäre (str.; ebenso Geigel/Kaufmann, a.a.O., Kap. 25 Rn 303), bei wechselseitigen Fahrgemeinschaften (BGHZ 80, 303 = NJW 1981, 1842) oder im Verhältnis zwischen Fahrschüler und Fahrschule, da das Entgelt für die Ausbildung und nicht für die Personenbeförderung gezahlt wird (KG NZV 1989, 150). In diesen Fällen ist die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses also zulässig.
c) Geschäftsmäßig
Geschäftsmäßig handelt, wer die entgeltliche Personenbeförderung mindestens gelegentlich wiederholen und dadurch zum wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung machen will (BGHZ 80, 303 = NJW 1981, 1842; BGHZ 114, 348 = NJW 1991, 2143). Ohne Wiederholungsabsicht sind deshalb auch gelegentliche entgeltliche Fahrten nicht geschäftsmäßig, während andererseits im Falle einer Wiederholungsabsicht bereits die erste entgeltliche Fahrt geschäftsmäßig ist (BGH VersR 1969, 161). Gewerbsmäßigkeit, d.h. Gewinnerzielungsabsicht ist nicht Vo...