Beim Einkommen von Selbstständigen werden im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung vielfach in großem Umfang Abschreibungen für Abnutzung (AfA) in Ansatz gebracht, die zu einer Verringerung des errechneten Einkommens führen.
Die steuerlichen Abschreibungssätze (AfA) sind unterhaltsrechtlich jedenfalls nicht voll zu akzeptieren, da sie nicht dem tatsächlichen Wertverlust entsprechen (BGH FamRZ 2003, 741, 743 [BGH, Urt. v. 11.2.2003 – VI ZR 34/02] m. Anm. Gerken; BGH FamRZ 1980, 770). Das sich aus den Steuerunterlagen ergebende steuerrechtlich relevante Einkommen ist daher nur als unterhaltsrechtliches Mindesteinkommen anzusehen (BGH FamRZ 1982, 680, 681).
Abzustellen ist dabei immer auf den realen Einsatzzeitraum des betreffenden Wirtschaftsguts. Teilweise wird unterhaltsrechtlich im Weg der Schätzung nach § 287 ZPO eine Reduzierung auf nur 2/3 der Abschreibungspositionen vorgenommen (OLG Hamm FamRZ 1999, 1349). Zugrunde gelegt werden können grundsätzlich die von der Finanzverwaltung herausgegebenen sog. AfA-Tabellen (OLG Hamm FamRZ 1999, 1349), auch wenn sie für die Gerichte nicht bindend sind.
Für die unterhaltsrechtliche Korrektur ist der Gewinn um die Sonderabschreibung zu erhöhen und um die lineare Abschreibung zu ermäßigen. Eine fiktive Steuerbelastung mindert den Gewinn dagegen nicht, da die mit der Sonderabschreibung verbundene Steuererleichterung durchaus auch dem Unterhaltsberechtigten zugutekommen darf, wenn sie dem Pflichtigen "im Wesentlichen" verbleibt.
Dagegen darf bei der sog. Ansparabschreibung nach § 7g EStG bei fiktiver Erhöhung des Gewinns um den Betrag dieser Ansparabschreibung nicht die darauf entfallende Steuerbelastung außer Betracht bleiben (vgl. BGH FamRZ 2004, 1177, 1178; BGH, Urt. v. 2.6.2004 – XII ZR 217/01).
Die Darlegungslast für die Behauptung, dass eine Abschreibung ganz oder teilweise als einkommensmindernd zu berücksichtigen ist, hat der Selbstständige. Er muss daher auch die Notwendigkeit der Investition und deren Gebrauchsdauer darlegen.
Der Selbstständige sollte sich aber nicht auf einen pauschalen Sachvortrag beschränken (OLG Koblenz FamRZ 2000, 605). Vielmehr ist er gehalten, detaillierte Abschreibungslisten vorzulegen, aus denen sich für die einzelnen Gegenstände die jeweilige Abschreibung ergibt. Der Gegner ist dann gehalten, diesen Sachvortrag substantiiert anzugreifen.
Hinweis:
Wird im Unterhaltsverfahren nur ein reduzierter Abschreibungssatz akzeptiert, so ist zu beachten, dass sich daraus eine längere Abschreibungsdauer ergibt. Die – reduzierte – Abschreibung ist daher unterhaltsrechtlich länger anzurechnen als dies steuerrechtlich der Fall wäre. Der juristische Berater eines Selbstständigen ist deshalb gehalten, diese "Fernwirkungen" im Auge zu behalten und bei späteren Unterhaltsberechnungen – in nachfolgenden Zahlungsverfahren oder auch Abänderungsprozessen – einzubringen.