Nach 1. VwV-Reiseentschädigung können mittellosen Parteien oder anderen Beteiligten auf Antrag Mittel für die Reise zum Ort einer Verhandlung, Vernehmung oder Untersuchung und für die Rückreise gewährt werden. Hierauf soll in der Ladung oder in anderer geeigneter Weise hingewiesen werden, was in der Praxis nicht selten unterlassen wird. Als mittellos sind Personen anzusehen, die nicht in der Lage sind, die Kosten der Reise aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Die Vorschriften über die Bewilligung von PKH und VKH bleiben unberührt.

 

Hinweis:

Hieraus folgt, dass auch diejenigen mittelosen Personen Anspruch auf Reiseentschädigung aus der Staatskasse haben, die nicht PKH/VKH beantragt haben oder deren entsprechender Antrag zurückgewiesen worden ist (s. auch die Entscheidung des BGH BGHZ 64, 139 = NJW 1975, 1124). Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn einem bedürftigen Kläger PKH wegen fehlender Erfolgsaussichten (§ 114’Abs. 1 ZPO) versagt worden ist, das Prozessgericht aber gleichwohl sein persönliches Erscheinen angeordnet hat. Auch in diesem Fall kann folglich dem bedürftigen Kläger auf seinen Antrag hin die Reiseentschädigung aus der Staatskasse gezahlt werden.

a) Persönliches Erscheinen der Partei angeordnet

Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit einer bedürftigen Partei eine Reiseentschädigung bewilligt werden kann, bestimmt die VwV-Reiseentschädigung nicht. Nach Auffassung des BGH (RVGreport 2020, 159 [Hansens]) und des BVerwG (a.a.O.) muss die Teilnahme an dem Termin notwendig sein. Knüpft der Anspruch auf Reiseentschädigung nach h.A. an die bewilligte PKH/VKH an, sind auch die Vorschriften der §§ 114 ff. ZPO einschließlich der Nachzahlungspflicht (§ 125 ZPO) und des Beschwerderechts (§ 127 ZPO) anzuwenden. Danach ist die zu prüfende Notwendigkeit der Reise immer dann anzunehmen, wenn die Partei zu dem Termin persönlich geladen ist (BGH a.a.O.).

b) Persönliches Erscheinen der Partei nicht angeordnet

Wenn dies nicht der Fall ist, hat das Gericht zu prüfen, ob die Partei einen Anspruch aus der Staatskasse deshalb hat, weil ihr die aus eigenen Mitteln nicht zu bestreitende Terminsanreise nach den Grundsätzen eines fairen Verfahrens billigerweise ermöglicht werden müsste (so BGH und BVerwG, jeweils a.a.O.). Hierbei können der allgemeine Grundsatz auf Gewährung rechtlichen Gehörs oder das’Fragerecht der Partei in der Beweisaufnahme eine Rolle spielen. Ferner sind auch die Bedeutung der Sache und das mutmaßliche Verhalten einer nicht mittellosen, auf verständige Wahrnehmung ihrer’Rechte bedachten Partei zu berücksichtigen (BGH a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung des BGH (a.a.O.) nicht erfüllt, wenn eine bedürftige Partei im Revisionsverfahren durch den ihr beigeordneten Rechtsanwalt vertreten ist und es in dem Revisionsverfahren nur um einen Anspruch i.H.v. knapp 800 EUR geht. Ferner war für den BGH maßgebend, dass das Revisionsverfahren eine reine Rechtsinstanz ist, in dem es nicht um Tatsachenfragen geht.

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