Anträge wegen der Besorgnis der Befangenheit von Sachverständigen kennt der im Zivilrecht tätige Rechtsanwalt häufig nur aus der Literatur. Dabei sind die von einem Zivilgericht bestellten Sachverständigen keinesfalls über mehr Zweifel erhaben als ihre im Strafrecht tätigen Kollegen. Es mag sein, dass Zivilrechtler sich schwerer mit dem Anbringen von Befangenheitsanträgen tun als ihre im Strafrecht tätigen Kollegen, sei es, weil sie dem Konflikt weniger zugetan sind, sei es, weil sie sich nie mit den prozessualen Vorschriften über die Sachverständigenablehnung befasst haben und schlichtweg Sorge haben, etwas falsch zu machen.
Der individuell vorhandene Grad der Konfliktbereitschaft ist schwierig nachzujustieren, wohl aber kann das prozessuale Handwerkszeug für eine erfolgreiche Ablehnung von Sachverständigen bereitgestellt werden.
Zunächst einmal ist es beruhigend, dass die Ablehnung von gerichtlichen Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit unter denselben Voraussetzungen wie die Richterablehnung möglich ist, § 406 Abs. 1 ZPO.
Nicht oft genug kann darauf hingewiesen werden, dass die Befangenheit als innere Tatsache dem Beweis nicht zugänglich ist, weshalb es ebenso wie beim Richter auch beim Sachverständigen dahinstehen kann, ob er tatsächlich befangen ist. Die ablehnende Partei muss die Besorgnis hegen, dass der Sachverständige befangen ist – nicht mehr und nicht weniger. Es ist Aufgabe des Prozessbevollmächtigten, diese Besorgnis in Worte zu kleiden und diejenigen Anknüpfungstatsachen zu benennen, die den diesbezüglichen Vortrag stützen.
Ebenfalls gemeinsam mit der Richterablehnung hat die Ablehnung von Sachverständigen, dass die jeweilige Partei, nicht deren Prozessbevollmächtigter ablehnungsberechtigt ist. Auch die Vorschriften über die Ablehnung kraft Gesetzes, § 41 ZPO und diejenige über die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, § 42 ZPO sind anwendbar.
Im Grunde könnte man schlank auf die Kolumne in ZAP 2020, 1155 f. verweisen, die sich mit der Richterablehnung befasst, aber ein paar Besonderheiten gibt es dann doch.
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Zeitpunkt der Ablehnung Hinsichtlich des Zeitpunktes der Ablehnung gilt es zu beachten, dass auch bei der Sachverständigenablehnung Zögern bestraft wird. Ist der Sachverständige ernannt, läuft die 2-Wochen-Frist, binnen derer man ihn ablehnen kann, mit Zustellung des Beschlusses über seine Ernennung, § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO. Innerhalb dieser Frist gilt es also zu überprüfen, ob der Sachverständige bereits kraft Gesetzes von der Ausübung seiner Tätigkeit ausgeschlossen ist, beispielsweise wegen Verwandtschaft mit einer der Parteien oder aus Gründen der Vorbefasstheit. Alle Befangenheitsgründe nach diesem Zeitraum dürfen nur noch geltend gemacht werden, wenn die Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, sie zu einem früheren Zeitpunkt anzubringen, § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO. Oftmals handelt es sich hier um Fallkonstellationen, in denen der Sachverständige bei der Erstattung seines Gutachtens i.R.d. mündlichen Verhandlung ein Verhalten zeigt oder Äußerungen tätigt, die den Antragsteller besorgen lassen, er habe den Boden der Neutralität verlassen. Wegen der vielgestaltigen Kasuistik, die von verbalen Entgleisungen gegenüber einer Partei über Ausweitungen oder Beschränkungen des Gutachterauftrages bis hin zu Bekanntschaft mit einer Partei reicht, sei – um nicht jeden Rahmen zu sprengen – auf die einschlägigen Kommentierungen verwiesen. Ergeben sich Anhaltspunkte für eine fehlende Neutralität, ist der Prozessbevollmächtigte gut beraten, die Äußerung protokollieren zu lassen. Stützt er das Ablehnungsgesuch hierauf, kann er zum Zwecke der Glaubhaftmachung, dass die Äußerung so gefallen ist, Bezug nehmen auf das Sitzungsprotokoll. Theoretisch kann der Ablehnungsantrag zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden, § 406 Abs. 2 S. 3 ZPO; in praxi wird man hiervon eher keinen Gebrauch machen, sondern den sicheren Weg wählen, um Unterbrechung ersuchen und das Ablehnungsgesuch schriftlich formulieren. Geht dem Prozess ein selbstständiges Beweisverfahren voraus, darf mit der Sachverständigenablehnung nicht zugewartet werden. Die Entscheidung über ein Befangenheitsgesuch im selbstständigen Beweisverfahren ist für das Prozessgericht bindend. Auch wenn sich die Parteien auf einen Sachverständigen geeinigt haben, verwehrt ihnen dies die spätere Ablehnung, es sei denn, die Gründe, die zur Ablehnung berechtigen, treten erst im weiteren Verlauf des Verfahrens zu Tage. |
2. |
Person des Abzulehnenden Abgelehnt werden darf nur der ernannte Sachverständige. Die Ablehnung von Hilfskräften des Sachverständigen ist ebenso unzulässig wie diejenige von sachverständigen Zeugen. |
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Glaubhaftmachung Als Mittel der Glaubhaftmachung im Falle des § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO darf die eidesstattliche Versicherung der Partei nicht verwendet werden, § 406 Abs. 3 Hs. 2 ZPO. |
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Folgen der Ablehnung Die erfolgreiche Ablehnung hat zur Folge, dass das Gericht das Gutachten nicht mehr verwenden darf und einen neuen Sachverständigen mit d... |