Nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV RVG entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen. Die Terminsgebühr für Besprechungen entsteht nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Hiervon ausgenommen sind Besprechungen mit dem Auftraggeber. In der Praxis stellt sich vielfach die Frage, ob der Anfall dieser Terminsgebühr stets ein Gespräch mit dem Gegner oder dessen Rechtsanwalt erfordert oder ob auch ein einseitiges Gespräch mit dem Richter ausreicht. Hierüber hatte vor einiger Zeit das Thüringer OVG, Beschl. v. 26.8.2020 – 4 VO 390/20, AGS 2021, 31 [Hansens]) zu befinden.
1. Fall des Thüringer OVG im Beschl. v. 26.8.2020 – 4 VO 390/20
Mit seiner vor dem VG Weimar erhobenen Klage hatte der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung von Straßenausbaubeiträgen verlangt. Am 10.4.2019 fand vor dem zuständigen Einzelrichter ein Erörterungstermin statt, an dem der Kläger, nicht aber sein Prozessbevollmächtigter, teilgenommen hat. In diesem Erörterungstermin schlossen die Beteiligten einen Vergleich, nach dem der Kläger 60 % und die Beklagte 40 % der Verfahrenskosten zu tragen haben.
In seinem Kostenausgleichungsantrag machte der Kläger neben einer 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG und der Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV RVG eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG geltend. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle glich die Kosten des Rechtsstreits zwischen den Beteiligten ohne die vom Kläger geltend gemachte Terminsgebühr aus. Mit seiner hiergegen gerichteten Erinnerung hat der Kläger den Ansatz der Terminsgebühr darauf gestützt, sein Prozessbevollmächtigter sei an der Erledigung des Rechtsstreits durch Abschluss des Vergleichs beteiligt gewesen. Er habe in diversen Besprechungen mehrfach Vergleichsbereitschaft signalisiert. Die Beklagte hat demgegenüber entgegnet, mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers sei keine Besprechung geführt worden.
2. Keine Terminsgebühr angefallen
a) Keine Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins
Das Thüringer OVG hat zunächst darauf hingewiesen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Termin nicht wahrgenommen hat, weil er an dem einzigen Termin vor dem VG Weimar, dem Erörterungstermin am 10.4.2019, nicht teilgenommen habe. Deshalb konnte ihm auch keine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV RVG angefallen sein, der die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins erfordert.
b) Keine Besprechung mit der Gegenseite
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat nach den weiteren Ausführungen des Thüringer OVG auch nicht mit der Gegenseite ohne Beteiligung des Gerichts eine Besprechung geführt. Dies habe nämlich der Kläger selbst nicht behauptet und sei von der Beklagtenseite verneint worden.
c) Keine Besprechung mit der Gegenseite durch Vermittlung des Gerichts
Nach den weiteren Ausführungen des Thüringer OVG bietet der Vortrag des Klägers auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass eine Besprechung mit der Gegenseite durch Vermittlung des Gerichts stattgefunden haben könnte. Eine solche Besprechung könne die Terminsgebühr auslösen, wenn der Einzelrichter oder Kammervorsitzende mit den Beteiligten außerhalb eines Termins jeweils in getrennten Telefonaten die Sach- und Rechtslage erörtere und auf Basis dieser Gespräche ohne Durchführung eines Termins ein Vergleich geschlossen werde.
Dem Vorbringen des Klägers war nach Auffassung des Thüringer OVG nicht zu entnehmen, dass der Einzelrichter des VG Weimar eine Besprechung zwischen den Prozessbevollmächtigten der Beteiligten vermittelt hatte. Der Kläger habe lediglich vorgetragen, dass er mit dem Einzelrichter mehrfach Telefonate geführt habe. Dies genüge für den Anfall der Terminsgebühr für Besprechungen jedoch nicht. Aus dem Vorbringen des Klägers ergebe sich nämlich, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten an den telefonischen Gesprächen mit dem Einzelrichter nicht beteiligt gewesen sei. Vielmehr habe sich der Kläger in seinem Vortrag darauf beschränkt, auf die eigenen Telefonate seines Prozessbevollmächtigten mit dem Gericht zu verweisen. Dies könnte nach Auffassung des Thüringer OVG allenfalls ein Anhaltspunkt dafür sein, dass er dem Gericht Vergleichsmöglichkeiten aufgezeigt habe. Dies allein genügt nach Auffassung des OVG jedoch für die Annahme einer Besprechung mit der Gegenseite nicht. Bereits auf Grundlage des Vortrags des Klägers sei nicht davon auszugehen, dass der Einzelrichter seinerzeit nicht nur mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers, sondern auch mit dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten Telefonate mit dem Ziel der vergleichsweisen Beilegung des Rechtsstreits geführt hat.
3. Stand der Rechtsprechung und Literatur
Ob eine Terminsgebühr für Besprechungen auch dann anfallen kann, wenn der Rechtsanwalt Besprechungen allein mit dem Gericht oder dem Berichterstatter geführt hat, war seit jeher umstritten.
a) Rechtslage bis zum 31.7.2013
Nach der Fassung des RVG vor Inkrafttreten der Neufassung durch das 2. KostRMoG bestimmte Vorbem. 3 Abs. 3 HS 2 VV RVG, dass die Terminsgebühr für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung gerichteten Besprechungen auch ohne Mitwirkung des Gerichts anfällt. Ob dies auch dan...