DA, DGA, DMA, DSA, ... in den letzten zwei Jahren hat die Europäische Union eine Vielzahl von Rechtsakten mit Bezug auf die Verarbeitung von Daten auf den Weg gebracht. Bei so vielen, ähnlich klingenden Abkürzungen kann es selbst in einem Juristen-Hirn, das den Umgang damit eigentlich gewohnt ist, schon mal zu Irritationen kommen. Bei den eingangs aufgezählten Verordnungen handelt es sich um den Data Act, den Data Governance Act, den Digital Markets Act sowie den Digital Services Act. Zusammen mit weiteren Rechtsakten bilden sie den Kern eines 2020 von der EU-Kommission vorgeschlagenen Digital-Pakets mit dem Ziel einer "europäischen Datenwirtschaft" sowie eines "europäischen Datenraums". Was mit der DSGVO funktioniert hat, nämlich weltweit so etwas wie einen europäischen "Goldstandard" zu etablieren, sollte im Weiteren doch auch mit den neuen Verordnungen klappen?! Ob sich dies tatsächlich realisieren lässt, bleibt abzuwarten ...
Der Digital Services Act, also die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (Gesetz über digitale Dienste), soll die seit dem Jahr 2000 existierende E-Commerce-Richtlinie der EU modernisieren. Nur sehr große Onlineplattformen, die mehr als 45 Mio. Verbraucher in Europa erreichen, sollen den scharfen Regularien unterliegen. Dabei soll es nicht darauf ankommen, ob der jeweilige Betreiber seinen Sitz innerhalb der EU oder in einem Nicht-EU-Staat hat. Entscheidend ist, dass er seine Dienste jedenfalls auch in der EU anbietet.
Der DSA bewegt sich in der medialen Darstellung in einem Spektrum von einem Verhaltenskodex bzw. sogar einem "Grundgesetz" zur Einschränkung der Macht von großen Digitalunternehmen über ein "Hate-Speech-Sanktionsregime" bis hin zu einem Zensurinstrument. Bei Lichte betrachtet handelt es sich beim DSA um ein Regelwerk mit respektabler Intention, mit guten Ansätzen, aber leider auch mit vielen durch erfolgreichen Lobbyismus geprägten Normen. In der Presselandschaft ist in Bezug auf den DSA häufig zu lesen, dass esâEUR™u.a. darum gehe, Hassrede einzudämmen, indem "Big Player", wie Facebook, Twitter, Google, Amazon, Ebay & Co., dazu angehalten werden, illegale Inhalte so schnell wie möglich zu entfernen, nachdem sie von ihnen Kenntnis erhalten haben. Abgesehen davon, dass "Hassrede" per se erst einmal nicht rechtswidrig ist, sondern durchaus von der Meinungsfreiheit gedeckt sein kann, ist eine solche "Notice and take down"-Regelung nicht die allerneueste Idee. Dieses Prinzip existiert europaweit schon eine ganze Weile. Wer eine Onlineplattform betreibt, auf der auch von den Nutzern generierte Inhalte bereitgestellt werden, haftet für diese wie für eigenes Handeln, sofern er rechtswidrige Inhalte nicht unverzüglich nach Kenntnisnahme löscht. Hierzulande wurde dieses Prinzip sogar noch durch das NetzDG verschärft, denn durch dessen Vorgaben werden Anbieter großer sozialer Netzwerke, die über mind. zwei Millionen registrierte Nutzer im Inland verfügen, dazu angehalten, ihre Löschpraxis transparenter zu gestalten und effektive Beschwerdesysteme zum Umgang mit rechtswidrigen Inhalten bereitzustellen. Der DSA geht noch ein bisschen weiter und verpflichtet z.B. Online-Marktplätze dazu, auf ihnen tätige Anbieter genau zu überprüfen, damit weniger gefälschte Produkte online gestellt werden. Auch sog. Dark Patterns – also manipulative Techniken, die Verbraucher zur Kaufentscheidung drängen – werden untersagt. In manchen Details bleibt der DSA jedoch hinter den Regularien des NetzDG zurück, etwa in puncto Löschfristen. Ob das NetzDG also durch den DSA obsolet werden wird, bleibt abzuwarten ...
Aber auch im Falle des DSA zeigt sich mal wieder, dass "gut gemeint" nicht immer auch "gut gemacht" ist. Einer der Hauptkritikpunkte daran ist das große Missbrauchspotenzial. Durch die vorgesehenen Sanktionen von bis zu 6 % des weltweit erzielten Vorjahresumsatzes könnten sich die Betreiber der betreffenden Onlineplattformen dazu veranlasst sehen, im Zweifel eher pro Löschung zu entscheiden. Zudem können die dann jeweils zuständigen Organe in den EU-Mitgliedstaaten u.U. auch die Löschung von Inhalten verlangen, die in einem anderen EU-Land erlaubt, bei ihnen selbst aber verboten sind. Daher werden Zensur und "Lösch-Orgien" befürchtet. Kritische Stimmen merken zudem an, dass die Entscheidung darüber, ob eine bestimmte Äußerung als zulässig oder rechtswidrig einzustufen ist, in die Hände des Staates und nicht in die von privaten Unternehmen gehört. Zwar sieht der DSA eine Möglichkeit für Betroffene vor, gegen die Löschung ihrer Inhalte Beschwerde einzulegen und sie in einem außergerichtlichen Streitbeilegungs- oder dann ggf. auch in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen. Ob dies in der Praxis jedoch tatsächlich zu einem effektiven Rechtsschutz führen wird, bleibt abzuwarten ...
Positiv ist sicherlich, dass die großen Plattformbetreiber zukünftig eine Bringpflicht auferlegt bekommen. Zum einen müssen sie dann regelmäßig Bewertun...