Die im Jahr 1967 eingeführte Vorschrift des § 93b ZPO ergänzt die Vorschrift des § 93 ZPO, ohne sie auszuschließen und trägt dabei Besonderheiten des Wohnraummietrechts Rechnung. Anwendbar ist § 93b ZPO, wenn die Parteien um die Räumung von Wohnraum oder um die Fortsetzung eines Wohnraummietverhältnisses streiten, sei es allein oder auch neben anderen Ansprüchen. § 93b Abs. 1 S. 1 u. S. 2 ZPO regeln den Fall einer nachträglich begründeten Klage des Vermieters und den Fall einer nachträglich unbegründet werdenden Klage des Mieters, wobei in beiden Fällen aus sozialen Erwägungen auch ohne sofortiges Anerkenntnis eine Kostengrundentscheidung zulasten des Klägers (sprich des Vermieters) ergehen kann (Müko-ZPO/Schulz, 6. Aufl. 2020, § 93b ZPO Rn 3, 10).
§ 93b Abs. 2 ZPO enthält letztlich die einzige rechtliche Sanktion für den Mieter, wenn dieser gegen seine Pflicht, auf Verlangen des Vermieters über die Gründe seines Sozialwiderspruchs unverzüglich Auskunft zu erteilen, schuldhaft verstößt (vgl. § 574b Abs. 1 S. 2 BGB). Über die Rechtsfolge einer nachteiligen Kostenfolge zulasten des Mieters entscheidet auch in diesem Fall das Gericht nach billigem Ermessen.
§ 93b Abs. 3 ZPO betrifft sodann einen Sonderfall des unter III. dargestellten, sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO, da eine Kostentragung des klagenden Vermieters auch bei einer Klageveranlassung des Mieters möglich wird (LG Freiburg, Beschl. v. 9.10.1989 – 6 T 58/89, WuM 1993, 553; BeckOK-ZPO/Jaspersen, a.a.O., § 93b ZPO Rn 4): Sofern der Mieter den Räumungsanspruch unverzüglich anerkennt und eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO vom Gericht bewilligt bekommt, wobei der Mieter zugleich vorgerichtlich erfolglos versucht haben muss, eine solche angemessene Räumungsfrist oder eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach §§ 574 ff. BGB zu erlangen, kann das Gericht dem Vermieter die gesamten oder Teile der Kosten des Rechtsstreits auferlegen.
Bei der gerichtlichen Ermessenentscheidung über die Kostentragung sind jeweils die Umstände, die zur Klage geführt haben, gegeneinander abzuwägen, wobei weder dem Vermieter noch dem Mieter allzu viel zugemutet werden darf. Gegen jegliche der Kostenentscheidungen des § 93b ZPO kann gem. § 99 Abs. 2 ZPO von der unterliegenden Partei sofortige Beschwerde eingelegt werden (zu allem BeckOK-ZPO/Jaspersen, a.a.O., § 93b ZPO Rn 1-4).
1. Voraussetzungen und Rechtsfolgen von § 93b Abs. 1 ZPO
a) Geltungsbereich
§ 93b ZPO findet nur bei der Wohnraummiete Anwendung. Sofern in einer Klage auch Räumungsansprüche von Gewerberaum mit verbunden werden, finden §§ 93b ZPO und §§ 91, 92 ZPO nebeneinander Anwendung. Bei einem Mischmietverhältnis kommt es nach allgemeinen Grundsätzen darauf an, welche Nutzungsart überwiegt, sodass jeweils einheitlich von Wohnraum- oder Geschäftsraummiete auszugehen ist (sog. Übergewichttheorie, BGH, Urt. v. 9.7.2014 – VIII ZR 376/13, NJW 2014, 2864 Rn 26).
b) Allgemeine Voraussetzungen
Voraussetzung ist, dass der Vermieter gegen einen Mieter auf Räumung (§ 93b Abs. 1 S. 1 ZPO) oder der Mieter als Kläger gegen seinen Vermieter auf Fortsetzung des Mietverhältnisses nach §§ 574 ff. BGB (§ 93b Abs. 1 S. 2 ZPO) klagt. In beiden Fällen muss der Mieter vorprozessual unter Angabe von Gründen die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt haben, wobei für die einzuhaltende Form und Frist § 574b BGBâEUR™zu beachten ist. In der Praxis wird dieses Verlangen des Mieters, das rechtlich als Willenserklärung i.S.v.âEUR™§ 130 BGB einzuordnen ist, regelmäßig mit dem Sozialwiderspruch nach § 574 Abs. 1 S. 1 BGB zusammenfallen (BeckOK-ZPO/Jaspersen, a.a.O., § 93b ZPO Rn 7). Es kann erst dann von einem Fehlen von "Angaben von Gründen" in diesem Sinne ausgegangen werden, wenn der Mieter gar keine Gründe vorbringt oder die behaupteten Gründe offensichtlich abwegig oder unsinnig erscheinen (vgl. Müko-ZPO/Schulz, a.a.O., § 93b ZPO Rn 7 "hinreichende substantiierte Tatsachen"). Umfasst sind dabei auch Klagen auf künftige Räumung nach § 259 ZPO, Widerklagen oder verbundene Klage bzgl. ausstehender Miete (Müko-ZPO/Schulz, a.a.O., § 93b ZPO Rn 4).
c) Obsiegen des Vermieters
Der Vermieter muss im Rechtsstreit obsiegen, wobei allein ursächlich sein muss, dass das Fortsetzungsverlangen des Mieters wegen berechtigter Interessen des Vermieters nicht gerechtfertigt ist (Müko-ZPO/Schulz, a.a.O., § 93b ZPO Rn 8). Das Fortsetzungsverlangen darf also nicht bereits aus anderen rechtlichen Gründen scheitern, wie etwa bei Formmängeln oder einem verfristet erklärten Widerspruch des Mieters (§§ 574b Abs. 1, Abs. 2 BGB). Gleiches gilt, sofern der Mieter das Mietverhältnis selbst gekündigt hat oder der Vermieter zur außerordentlichen Kündigung berechtigt ist, da in letzterem Fall kein Sozialwiderspruch möglich ist (vgl. § 574 Abs. 1 S. 2 BGB). Das Obsiegen des Vermieters muss mittels Urteils ausgesprochen werden, wobei grds. auch Anerkenntnis-, Verzichts- und Versäumnisurteile in Betracht kommen. Eine Ausnahme gilt nur für ein Versäumnisurteil des Mieters in dessen Aktivprozess gegen den Vermieter, da die Klageabweisung hier allein in der Säumnis des Mieters begründet liegt (BeckOK-ZPO/Jasper...