Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch im Rahmen einer berufsbezogenen (juristischen) Prüfung
Bei berufsbezogenen Prüfungen, wie etwa dem zweiten juristischen Staatsexamen, bekundet der Prüfling nicht selten ein Interesse an der Einsichtnahme der Aufsichtsarbeiten und ggf. der dazu erstellten Gutachten der Prüfer. Im Zusammenhang damit steht die Frage, ob ein unentgeltlicher Anspruch auf Überlassung entsprechender Kopien (z.B. in gängiger elektronischer Form) besteht.
Das BVerwG hat durch Urt. v. 30.11.2022 (6 C 10/20, NVwZ 2023, 346 ff. = NZA 2023, 296 ff. = NJW 2023, 1079 ff. = ZGI 2023, 74 ff. = ZD 2023, 296 ff.= BayVBl 2023, 315 ff. = NWVBl 2023, 228 ff.) einen solchen Anspruch nach Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO bejaht. Es bemerkt zunächst, dass statthafte Klageart für die gerichtliche Geltendmachung des gegen eine Behörde gerichteten Anspruchs eines Bürgers aus Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 S. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, ABl L 119 S. 1) – DSGVO – auf unentgeltliche Zurverfügungstellung einer Datenkopie, die Verpflichtungsklage sei. Denn über diesen Anspruch habe die Behörde auf der Grundlage eines gesetzlichen Prüfprogramms, welches sich insb. auf mögliche Ausschluss- oder Beschränkungstatbestände – etwa nach Art. 15 Abs. 4, Art. 12 Abs. 5 S. 2 oder Art. 23 DSGVO – beziehe, durch Verwaltungsakt zu entscheiden.
Gemäß Art. 15 Abs. 1 Hs. 1 DSGVO kann die betroffene Person von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet. Ist dies der Fall, hat sie nach Art. 15 Abs. 1 Hs. 2 Alt. 1 DSGVO ein Recht auf Auskunft über diese Daten. Sie kann in dem besagten Fall ferner aufgrund von Art. 15 Abs. 1 Hs. 2 Alt. 2 Buchst. a bis h und Abs. 2 DSGVO die dort genannten Metainformationen verlangen. Schließlich hat ihr der Verantwortliche gem. Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen. Diese ist als erste Kopie gem. Art. 12 Abs. 5 S. 1 DSGVO unentgeltlich zu überlassen, während der Verantwortliche gem. Art. 15 Abs. 3 S. 2 DSGVO für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen kann.
Hinweis:
Das BVerwG wertet die in einer berufsbezogenen Prüfung unter einer Kennziffer angefertigten schriftlichen Prüfungsleistungen und die zugehörigen Prüfergutachten jeweils ihrem gesamten Inhalt nach als personenbezogene Daten des Prüflings dar (wie EuGH, Urt. v. 20.12.2017 – C-434/16, Nowak).