Wenn ein Vermieter an einen Mieter mit einem ausgeprägten "Messie-Syndrom" gerät, so kann er etwas erleben. Häufig entdeckt der Vermieter erst nach Jahren und mit Schrecken, in welchem Zustand sich seine Wohnung befindet, und möchte den Mieter gerne im Wege der Kündigung loswerden. Der Mieter wiederum will nicht ausziehen und widerspricht der Kündigung.
Die einschlägigen Gerichtsentscheidungen im Rahmen von Räumungsklagen vermitteln einen Eindruck, was Vermieter und Nachbarn hier erwartet. Zudem wird deutlich, dass es dabei nicht um die harmlosen Fälle von Wohnungen geht, in denen Mieter zahlreiche Antiquitäten oder alte Zeitungen horten.
In einer mittlerweile rechtskräftigen Entscheidung des Amtsgerichts Neustadt/Aisch (Urt. v. 25.8.2016 – 1 C 321/15) ging es um einen Mieter, der seit vielen Jahren in einer Dreizimmerwohnung lebte. Anlässlich einer Wohnungsbesichtigung bemerkte der Vermieter, dass sich die Wohnung in einem heruntergekommenen Zustand befand. Nachdem eine Abmahnung des Mieters erfolglos war, sprach er unter anderem deshalb eine fristlose sowie eine ordentliche Kündigung aus.
Das Amtsgericht Neustadt/Aisch entschied, dass die ordentliche Kündigung wegen des Zustands der Mietwohnung rechtmäßig ist. Denn der Mieter hatte durch die Vermüllung der Wohnung die Mietsache gefährdet und dadurch seine vertraglichen Pflichten i.S.v. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB erheblich verletzt. Hierzu führte das Gericht in seiner sorgfältigen Begründung aus, dass sich in der gesamten Wohnung Unrat stapelte. Die gesamte Wohnung war verdreckt und stank unerträglich. Küche und Bad konnten nicht benutzt werden, weil sie mit Gegenständen vollgestellt waren. Überdies zeigte sich der Mieter uneinsichtig und verweigerte eine Zusammenarbeit mit Ämtern. Das Vorliegen einer unzumutbaren Härte i.S.d. § 574 BGB verneinte das Gericht mit dem Argument, dass hier das Interesse des Vermieters an seinem unversehrten Eigentum Vorrang hat. Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies die Berufung des Mieters mit einstimmigem Beschluss vom 23.2.2017 (7 S 7084/16) zurück, die Entscheidung ist rechtskräftig.
In einem anderen Fall hatte das Amtsgericht Hamburg-Harburg (Urt. v. 18.3.2011 – 641 C 363/10) die fristlose Kündigung eines "beratungs- und hilferesistenten" Mieters gem. § 543 BGB als gerechtfertigt angesehen. Dessen Wohnung war nur über "Kriechgänge" zugänglich. Im Übrigen war sie mit Unrat, Kartons, abgelaufenen und offen herumstehenden verschimmelten Lebensmitteln vollgestellt. In der Wohnung stank es infolgedessen "bestialisch". Auch für die anderen Mieter bestand die Gefahr, dass ihre Wohnungen von Ungeziefer befallen werden könnten.
Das Amtsgericht Saarbrücken bejahte die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung gem. § 543 BGB in einem Fall, in dem es im Treppenhaus nach verdorbenen Speiseresten und Lebensmitteln stank und die Gefahr bestand, dass Ungeziefer angelockt und die Substanz der Mietsache gefährdet würde (AG Saarbrücken, Urt. v. 29.10.1993 – 37 C 267/93).
Das Amtsgericht Hoyerswerda sah eine fristgemäße Kündigung eines körperbehinderten Mieters nach § 573 BGB als zulässig an, der seine Inkontinenzmaterialien nicht ordnungsgemäß entsorgt hatte. Dadurch stank es auch im Treppenhaus nach Urin und Fäkalien bzw. nach "Verwesung". Mehrere Nachbarn beschrieben die "Geruchsbelästigung" als derart massiv, dass sie es beim Vorbeigehen an der Wohnung kaum aushalten konnten und deshalb die "Luft anhielten" (AG Hoyerswerda, Urt. v. 3.2.2015 – 1 C 88/14).
Schließlich befand das Amtsgericht Menden die fristlose Kündigung einer Mieterin nach § 543 BGB für rechtmäßig, die in einem Raum ihrer Mietwohnung ca. 80 Vögel gehalten hatte. Der Vermieter war ihr auf die Schliche gekommen, nachdem sich Nachbarn über den Lärm beschwert hatten (vgl. AG Menden, Urt. v. 5.2.2014 – 4 C 286/13). Anlässlich einer Ortsbegehung stellte sich heraus, dass die Vögel in einem Raum "unkontrolliert nisteten, brüteten und sich vermehrten." Dass hierin eine vertragswidrige Nutzung einer Mietwohnung liegt, bedarf keiner weiteren Ausführungen.
Demgegenüber führt das Landgericht Siegen (LG Siegen, Urt. v. 10.1.2006 – 1 S 117/05) aus, dass sich allein aus einem "muffigen Geruch" in einer mit alten Haushaltsgegenständen, Zeitungen oder Zeitschriften vollgestellten Mietwohnung noch keine Gefährdung der Mietsache ergebe. Die Hausgemeinschaft müsse "gewisse Beeinträchtigungen" hinnehmen, "die aus dem Wohnverhalten und persönlichen Befinden eines hochbetagten langjährigen Mieters und Hausnachbarn erwachsen können".
Aus dieser "Messie-Rechtsprechung" ergibt sich, dass die Gerichte eine Kündigung wegen Vermüllung einer Mietwohnung nur unter strengen Voraussetzungen als rechtmäßig ansehen. Zwar räumt der BGH dem Vermieter aus § 242 BGB ein Besichtigungsrecht ein, da der Mieter die Nebenpflicht habe, dem Vermieter – nach entsprechender Vorankündigung – ein Zutrittsrecht zu der Wohnung zu gewähren. Allerdings ist hierfür das Vorliegen eines konkreten sachlichen Grundes unabdingbar. Ein anlassloses...