Bei der Bearbeitung von Kündigungsschutzmandaten sollte der Blick des Anwalts auch immer für etwaige diskriminierungsrelevante Sachverhalte geschärft sein. Neben der Unwirksamkeit der Kündigung bieten geeignete Lebenssachverhalte auch Raum für eine Entschädigung und einen Schadensersatz des Arbeitnehmers nach § 15 AGG.
1. Unwirksamkeit einer diskriminierenden Kündigung
Eine ordentliche Kündigung, die einen Arbeitnehmer, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe diskriminiert, ist nach § 134 BGB i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 1, 3 AGG unwirksam. § 2 Abs. 4 AGG steht dem nicht entgegen (BAG, Urt. v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372). Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine Kündigung während der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG oder einen Kleinbetrieb handelt. Eine altersdiskriminierende Kündigung ist im Kleinbetrieb nach § 134 BGB i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 1, 3 AGG unwirksam (BAG, Urt. v. 23.7.2015 – 6 AZR 457/14, NZA 2015, 1380).
2. Beweis- und Darlegungslast
§ 22 AGG trifft hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und durch § 1 AGG verbotenem Anknüpfungsmerkmal eine Beweislastregelung, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Nach § 22 Halbs. 1 AGG genügt eine Person, die sich wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe für benachteiligt hält, ihrer Darlegungslast, wenn sie Indizien vorträgt und ggf. beweist, die diese Benachteiligung vermuten lassen (BAG, Urt. v. 26.6.2014 – 8 AZR 547/13, AP Nr. 10 zu § 22 AGG; BAG v. 26.9.2013 – 8 AZR 650/12, NZA 2014, 258). Dies gilt auch bei einer möglichen Benachteiligung durch eine ordentliche Kündigung, die nicht den Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes genügen muss (vgl. BAG, Urt. v. 19.12.2013 – 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372; ErfK/Schlachter, 15. Aufl., § 2 AGG, Rn 17; Günther/Frey, NZA 2014, 584, 585). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. BAG v. 26.6.2014 – 8 AZR 547/13, AP Nr. 10 zu § 22 AGG; BAG 21.6.2012 – 8 AZR 364/11, NZA 2012, 1345). Für die Vermutungswirkung des § 22 AGG ist es ausreichend, dass ein in § 1 AGG genannter Grund "Bestandteil eines Motivbündels" ist, das die Entscheidung beeinflusst hat. Eine bloße Mitursächlichkeit genügt (BAG, Urt. v. 18.9.2014 – 8 AZR 753/13, AP Nr. 10 zu § 3 AGG; BAG, Urt. v. 26.6.2014 – 8 AZR 547/13, a.a.O.; BAG, Urt. v. 26.9.2013 – 8 AZR 650/12, a.a.O.). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG, Urt. v. 21.6.2012 – 8 AZR 364/11, a.a.O.; BAG, Urt. v. 23.7.2015 – 6 AZR 457/14, a.a.O.). Gerade die vorstehenden Ausführungen des BAG zur Vermutungswirkung machen AGG- Klagen aus Arbeitnehmersicht attraktiv und erfolgversprechend.