Eine weitere Entscheidung des BSG zum Statusverfahren betraf die Beurteilung der Versicherungspflicht einer Minderheitsgesellschafterin einer GmbH, die leitende Angestellte und Prokuristin dieser Firma war. Mehrheitsgesellschafter und Alleingeschäftsführer war der Ehemann. Nach dem Gesellschaftsvertrag wurden Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst. Kurze Zeit nach dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags schlossen die Eheleute einen schriftlichen Stimmbindungsvertrag, wonach Beschlüsse der Gesellschaft nur noch einstimmig erfolgen konnten. Dieser Vertrag sollte auf unbestimmte Zeit laufen und dann enden, sobald die Klägerin mit mindestens 50 % der Geschäftsanteile an der Gesellschaft beteiligt sein sollte. Die ordentliche Kündigung war ausgeschlossen, das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund blieb hiervon unberührt.
Die Parteien stritten vor dem BSG noch um die Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung. Unter Aufhebung des Berufungsurteils bejahte das BSG das Bestehen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach § 7 Abs. 1 SGB IV und demnach auch das Bestehen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 13/14 R, ASR 2016, 113 m. Anm. Botler, a.a.O., S. 117). Maßgeblich hierfür war für das Gericht, dass die Klägerin nur über 40 % der Gesellschaftsanteile verfügte, abgestellt und nicht zur Geschäftsführerin bestellt war. Das BSG führt sodann aus, der Klägerin stehe für die aus dem Stimmbindungsvertrag folgenden (schuldrechtlichen) Rechte keine – im Rahmen der sozialversicherungsrechtlich gebotenen Gesamtabwägung von vornherein die ausschlaggebende – also entscheidende – Indizfunktion für das Vorliegen selbstständiger Tätigkeit zu.
Zwar möge der Stimmbindungsvertrag mit der ganz herrschenden Auffassung im Zivilrecht gesellschaftsrechtlich grundsätzlich zulässig sein. Eine unterschiedliche Bewertung im Gesellschaftsrecht einerseits und im Sozialversicherungsrecht andererseits sei jedoch durch die verschiedenen Sachstrukturen der jeweiligen Rechtsbereiche gerechtfertigt. Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass die von den beiden Gesellschaftern getroffene Stimmbindungsvereinbarung deshalb nicht geeignet sei, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden "Rechtsmachtverhältnisse" mit sozialrechtlicher Wirkung zu "verschieben", weil der Stimmbindungsvertrag von jedem Gesellschafter und damit auch von dem Ehemann der Klägerin aus wichtigem Grund gekündigt werden könne. Dies ergebe sich nicht nur aus dem geschlossenen Vertrag, sondern folge auch aus § 723 Abs. 1 S. 2 BGB.