Das BSG hatte sich durch Urteil vom 30.9.2015 (B 12 KR 15/12 R; Blüggel jurisPR-SozR 11/2016 Anm. 2 und B 12 KR 13/13 R; Wenner SozSich 2015, 344) mit der Klage eines Ehepaares – mit drei, 1990, 1992 und 1995 geborenen Kindern – zu befassen, die sich gegen die Berechnung ihrer Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung wendeten. Hergeleitet wird dies aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG. Beide Kläger waren sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Sie beriefen sich unter Hinweis auf das Urteil des BVerfG v. 3.4.2001 (1 BvR 1629/94) und auf die Erziehungs- und Betreuungsleistungen für ihre Kinder darauf, diese Leistungen seien beitragsmindernd in allen genannten Versicherungszweigen zu berücksichtigen. Das BVerfG hatte damals im Hinblick auf die Pflegeversicherung entschieden, dass der Gesetzgeber gehalten sei, bei der Beitragsbelastung von Versicherten mit oder ohne Kinder zu differenzieren. Daraufhin hat der Gesetzgeber einen Beitragszuschlag für Kinderlose i.H.v. 0,25 Beitragspunkten durch § 55 Abs. 3 S. 1 SGB XI eingeführt. Die Kläger führen aus, das BVerfG habe in dem oben angegebenen Urteil die unzureichende Kompensation von Erziehungslasten nicht mehr unter dem Aspekt einer familienbezogenen Förderungspflicht des Staates im Leistungsrecht behandelt, sondern – unter Entwicklung eines Grundrechts auf Intergenerationelle Gleichbehandlung – als Gleichheit- und Teilhabeproblem gesehen (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG). Art. 3 Abs. 1 GG sei danach verletzt,

  • wenn das Sozialversicherungssystem ein Risiko abdecke, welches überproportional im Alter auftrete und durch Beiträge nachwachsender Generationen finanziert werde,
  • ein geschlossenes intergenerationelles System darstelle und
  • absehbar sei, dass ein signifikanter Teil der Versicherten keine Kinder bekomme.

Die Klagen blieben im Wesentlichen erfolglos. Das BSG hält die Beitragsbemessung unter Anwendung der einfachrechtlichen Regelungen im SGB V, SGB VI und SGB XI für rechtmäßig und verfassungsgemäß. Es lehnt es ab, die vom BVerfG im Jahre 2001 für die Pflegeversicherung aufgestellten Grundsätze auf die Gebiete der gesetzlichen Renten-und Krankenversicherung zu übertragen. Einmal seien die entscheidungserheblichen, tatsächlichen Gegebenheiten dort anders, zum anderen habe der Gesetzgeber unter Beachtung der ihm bei der Gestaltung des Sozialversicherungsrecht zukommenden Freiheit sowohl bei der Rentenversicherung als auch in der Krankenversicherung eine verfassungsrechtlich beanstandungsfreie Berücksichtigung des Aufwands für die Betreuung und Erziehung von Kindern im Leistungsrecht vorgenommen. Auf dem Gebiet der gesetzlichen Pflegeversicherung sei dem Urteil des BVerfG durch einen Beitragszuschlag für Kinderlose ausreichend Rechnung getragen worden.

 

Hinweis:

Von der Klägerseite wurde angekündigt, gegen die Entscheidungen Verfassungsbeschwerde einzulegen.

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