Pflegeversicherung: Geringere Beiträge für Kinderreiche

Schon heute gilt: Eltern müssen in der Pflegeversicherung weniger zahlen als Kinderlose. Doch diese einfache Unterscheidung reicht aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts nicht aus.

Gute Nachricht für Eltern mit mehreren Kindern: Sie müssen nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Az: 1 BvL 3/18, 1 BvR 717/16 u.a.) in der sozialen Pflegeversicherung besser gestellt werden als kleinere Familien und Kinderlose. Für die Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung gilt dies hingegen nicht. Die Praxis, hier überhaupt nicht zwischen Eltern und Kinderlosen zu unterscheiden, sei rechtens, entschied das oberste deutsche Gericht.

Anpassung der Beitragssätze bis Ende Juli 2023

Das Gericht ordnete an, Beitragssätze in der sozialen Pflegeversicherung bis Ende Juli 2023 an die konkrete Zahl der Kinder anzupassen. „Diesen Beschluss werden wir in der erklärten Frist umsetzen“, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Der SPD-Politiker fügte hinzu: „Die Pflegeversicherung muss aber auch grundsätzlich solider finanziert werden. Auch das werden wir angehen.“

Urteil zur Pflegeversicherung bereits im Jahr 2001

Schon 2001 hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, es sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, dass Eltern einen genauso hohen Satz für die soziale Pflegeversicherung zahlen müssten wie Kinderlose; sie leisteten einen „generativen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems“. Die Beitragssätze wurden daraufhin angepasst. Seit Anfang dieses Jahres liegt jener für Eltern bei 3,05 Prozent des Bruttoeinkommens, der für Kinderlose bei 3,4 Prozent.

Gleiche Beitragsbelastung unabhängig von der Kinderzahl verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts greift das aber zu kurz: Je mehr Kinder eine Familie habe, desto größer seien der Aufwand und die damit verbundenen Kosten. „Diese Benachteiligung tritt bereits ab einschließlich dem zweiten Kind ein“, heißt es in der Mitteilung. „Die gleiche Beitragsbelastung der Eltern unabhängig von der Zahl ihrer Kinder ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.“ Der Gesetzgeber müsse diese Benachteiligung beheben.

Keine Änderungen in der Kranken- und Rentenversicherung

In der gesetzlichen Rentenversicherung ist die Lage nach Überzeugung des Bundesverfassungsgerichts anders. Hier werde der Wert der Kindererziehung insbesondere durch die Anerkennung sogenannter Kindererziehungszeiten honoriert. Mit Blick auf die gesetzliche Krankenversicherung sei der Gesetzgeber Eltern mit mehreren Kindern durch die beitragsfreie Familienversicherung schon sehr entgegengekommen. Dass in diesen beiden Fällen keine Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Kindern gemacht werden, hatte schon das Bundessozialgericht in mehreren Urteilen für rechtens erklärt.

dpa