Im NPD-Verbotsverfahren haben die Verfahrensbevollmächtigten des Bundesrates dem BVerfG Ende August in einem neuen Schriftsatz weitere Argumente und Belege dafür unterbreitet, dass die NPD verfassungswidrig sei.
Der Schriftsatz ist eine weitere Antwort des Bundesrates auf ein Schreiben des zuständigen Berichterstatters beim BVerfG vom 19. März. Bereits Mitte Mai hatte der Bundesrat dem BVerfG umfangreiche Nachweise zur Abschaltung der V-Personen auf der Führungsebene der NPD vorgelegt (vgl. dazu ZAP Anwaltsmagazin 10/2015, S. 507).
Mit dem neuen Schriftsatz will der Bundesrat u.a. nachweisen, dass die Aktivitäten der NPD in bestimmten Gegenden Ostdeutschlands zu einer Beeinträchtigung demokratischer Prozesse führen. Der NPD gelinge es dort, so der Vorwurf, politisch Andersdenkende durch die Furcht vor Gewalt, Drohungen, sozialer Stigmatisierung oder sonstigen Nachteilen davon abzuhalten, sich gegen Rechtsextremismus zu engagieren. Zudem schüchtere sie ethnische und religiöse Minderheiten ein. Der Schriftsatz nennt für diese von der NPD geschaffene "Atmosphäre der Angst" zahlreiche Beispiele, darunter Einschüchterungen und Bedrohungen von Bürgermeistern und anderen Lokalpolitikern in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen sowie Angriffe auf Kundgebungen politischer Gegner in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Dieses Verhalten der NPD bewirke zudem, dass sich Personen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, in ihrer Lebensführung bedroht sehen. Damit beeinträchtige die NPD die Freiheit der geistigen Auseinandersetzung und den demokratischen Diskurs.
Der Schriftsatz soll ferner belegen, dass die NPD seit 2013 besonders aggressiv gegen Asylbewerber agiert. Sie spreche in ihren Äußerungen Asylbewerbern die Menschenwürde ab und scheue vor Einschüchterung und Gewaltanwendung nicht zurück. Unter den zahlreichen Beispielen für besonders aggressive Aktivitäten werden die Vorfälle in Dresden am 24.7.2015, in Heidenau am 21.8.2015 sowie Aktivitäten in Güstrow, Bautzen, Schneeberg und Leipzig genannt. Der Schriftsatz führt auch auf, dass Anschläge auf Asylunterkünfte eine konsequente Umsetzung der Ideologie der NPD darstellen: Die NPD möchte eine ausschließlich rassisch definierte "Volksgemeinschaft" verwirklichen. Die aggressive und intensive Form der Agitation trage dazu bei, diese Intention in der gesellschaftlichen Wirklichkeit präsent zu machen.
Weiter wird ausgeführt, dass die NPD eine hohe Kampagnenfähigkeit besitzt und bis heute die mit Abstand stärkste und wirkungsmächtigste rechtsextremistische Partei in Deutschland ist. Sie sei die organisatorische und institutionelle Basis eines rechtsextremistischen Netzwerks, in welchem sie mit Kameradschaften und neonazistischen Gruppen kooperiere. Aus dieser Netzwerkfunktion, die gerade auch an ihren besonderen verfassungsrechtlichen Schutz als Partei geknüpft ist, resultiere ihre Gefährlichkeit.
Die Schlagkraft der NPD zeige sich auf kommunaler Ebene, wo sie die Anzahl ihrer Mandate im Jahr 2014 noch steigern konnte. Dies sei nur eines von vielen Indizien für ihre starke kommunale Verankerung in Ostdeutschland. Sozialwissenschaftliche Studien belegten, dass die NPD in einigen Gegenden Ostdeutschlands so stark präsent sei, dass dies von Bürgern inzwischen als "Normalität" angesehen werde und viele es deshalb nicht wagten, sich gegen sie zu äußern.
[Quelle: Bundesrat]