Bedeutende gesetzgeberische Entscheidungen im Bereich Mietrecht sind eher selten. Die meisten Änderungen der letzten Jahre waren kosmetischer Natur oder dienten der Befriedigung von Verbandsinteressen ohne große praktische Konsequenzen. Ob das beim Mietrechtsnovellierungsgesetz mit der Begrenzung der Wiedervermietungsmiete jetzt auch so sein wird, wird sich in den kommenden Monaten herausstellen. Für die mietrechtliche Praxis weit bedeutsamer als jede Gesetzesänderung ist die Rechtsprechung des BGH, insbesondere die des VIII. Senats. Er ist erst seit der ZPO Reform von 2002 für das Mietrecht voll zuständig und hat mit über 800 Entscheidungen inzwischen das Wohnraummietrecht sehr grundlegend geprägt.

Besonders bedeutsam ist die Rechtsprechung des Senats zum Thema Schönheitsreparaturen. Das liegt daran, dass der Gesetzgeber bisher nicht den Mut gefunden hat, hier Regelungen zu treffen. Außerdem handelt es sich regelmäßig um Allgemeine Geschäftsbedingungen, deren Kontrolle mit der Zeit durch die Rechtsprechung immer engmaschiger geworden ist.

Massive Auswirkungen auf die Praxis der Abwälzung der Schönheitsreparaturen hatten bereits die Entscheidungen zu den starren Fristen (BGH NJW 2004, 2586 = NZM 2004, 653), zur vorgeschriebenen Ausführungsart (NJW 2007, 1743 = NZM 2007, 398) und zur Farbwahlklausel (BGH NJW 2008, 2499 = NZM 2008, 605). In all diesen Entscheidungen ging es um eine Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB und hier vor allem um das Transparenzgebot und eine unangemessene Benachteiligung eines Vertragspartners. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion und die Anwendung der kundenfeindlichsten Auslegung auch im Individualprozess haben hier langsam aber stetig zu einer Wandlung der Auffassung über die Möglichkeiten einer Abwälzung der Renovierungslast geführt.

1. Unrenovierte Wohnung

Eine Diskrepanz zwischen der höchstrichterlichen Rechtsprechung und dem Rechtsempfinden der Mehrheit der Mieter blieb aber bei der Möglichkeit der Abwälzung der Renovierungslast bei unrenoviert übergebenen Wohnungen. Nach der Rechtsprechung sollte auch hier die Abwälzung wirksam sein, wenn nur die Fristen erst mit Übergabe zu Laufen begannen. Diese Argumentation wurde schon länger als nicht überzeugend angesehen. Der BGH selbst hat dann durch seinen Hinweisbeschluss aus 2014 (BGH, Beschl. v. 22.1.2014 – VIII ZR 352/12) diese Bedenken aufgegriffen und eine Rechtsprechungsänderung angekündigt. Diese ist nun ganz umfassend durch drei Urteile vom 18.3.2015 erfolgt.

 

Hinweis:

Erwartungsgemäß hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung zur Frage der Abwälzung der Schönheitsreparaturen bei unrenoviert übergebener Wohnung aufgegeben.

Der Senat (BGH NJW 2015, 1594 = NZM 2015, 374 = GE 2015, 649 = DWW 2015, 175 = WuM 2015, 338 = MietPrax-AK § 538 BGB Nr. 65 mit Anm. Eisenschmid; Schach GE 2015, 343; Lehmann-Richter NJW 2015, 1598; Harsch MietRB 2015, 161; Schach GE 2015, 624; Börstinghaus LMK 2015, 369251; Hartmann WuM 2015, 406) stellt dazu die Entwicklung der Rechtsprechung zur Abwälzung der Renovierungslast und die Entwicklung der Rechtsprechung zur Klauselkontrolle im Allgemeinen dar. Für ihn ist es dann nur konsequent, die formularvertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturlast dann für unwirksam zu erklären, wenn dem Mieter die Wohnung unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergeben worden ist, ohne dass dem Mieter hierfür ein angemessener Ausgleich gewährt wurde. Denn eine solche Klausel verpflichte den Mieter auch zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führe bei kundenfeindlichster Auslegung dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder ggf. in einem besseren Zustand zurückgeben müsste als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat. Die Verpflichtung des Mieters zur Vornahme während des Mietverhältnisses anfallender Schönheitsreparaturen lasse sich bereits nach dem Wortlaut nicht auf die erst nach Mietbeginn entstehende Abnutzungsspuren beschränken. In der für den Mieter ungünstigsten (kundenfeindlichsten) Auslegung könnte der Mieter bei entsprechendem abgewohntem Zustand der Mieträume sogar bereits unmittelbar nach Mietbeginn zur Renovierung verpflichtet sein, obwohl die Abnutzung der Wohnung nicht durch ihn erfolgte. Führe der Mieter in diesen Fällen eine Anfangsrenovierung durch, müsste er trotzdem spätestens bei Vertragsende gleichwohl renovieren, obwohl sich die Wohnung in keinem schlechteren Zustand befindet als sie ihm bei Nutzungsbeginn überlassen worden war.

Die formularvertragliche Überwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung kann deshalb nur dann wirksam vereinbart werden, sofern der Vermieter dem Mieter für die Beseitigung vorvertraglicher Abnutzungsspuren einen angemessenen Ausgleich gewährt. So kann der Mieter eine Zeit lang mietfrei in der Wohnung wohnen oder der Vermieter zahlt dem Mieter einen Renovierungszuschuss. Den Vermieter trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Gewährung einer angemessenen Ausgleichsleistung.

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