Das Vermächtnis ist in den §§ 1939, 2147 bis 2191 BGB geregelt. Das Vermächtnis ist eine Zuwendung ohne Gesamtrechtsnachfolge, wodurch der Vermächtnisnehmer einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den oder die Erben erhält. (Uricher, a.a.O., § 2 Rn 1) Der Gegenstand der Zuwendung muss nach §§ 1939, 2174 BGB ein Vermögensvorteil sein. Der Vermögensvorteil muss nicht zu einer Bereicherung im Sinne einer Vermögenvermehrung führen, sondern nur zu einer Begünstigung für den Bedachten. Der Vermächtnisnehmer ist nicht Erbe. Er hat aber das einklagbare Recht, von dem Beschwerten – dem Erben – die Leistung des vermachten Gegenstands zu fordern, § 2174 BGB.
Die Vermächtnisanordnung als Gestaltungsmittel in Verfügungen von Todes wegen genießt große Beliebtheit. Allein das Gesetz unterscheidet zwischen einem:
Gegenstand des Vermächtnisanspruchs kann alles sein, was als Inhalt der Leistungspflicht eines Schuldners nach § 241 BGB vereinbart werden könnte (BGH NJW 2001, 2883), also jedes rechtserhebliche Tun oder Unterlassen, das auf die Verbesserung der Vermögenslage des Bedachten abzielt. In der Praxis finden sich am häufigsten das:
- Sachvermächtnis;
- Grundstücksvermächtnis;
- Vermächtnis bezüglich einer Eigentumswohnung;
- Hausratsvermächtnis;
- Geldvermächtnis;
- Rentenvermächtnis;
- Nießbrauchsvermächtnis und das
- Wohnungsvermächtnis.
Der Erblasser kann auch dem Erben ein Vermächtnis zuwenden. Es handelt sich hierbei um ein Vorausvermächtnis nach § 2150 BGB, wonach der Erbe als Vermächtnisnehmer zugleich Beschwerter des Vermächtnisses ist.
Infolge der großen Beliebtheit kommt es relativ häufig zu Streitigkeiten über das Bestehen eines Vermächtnisanspruchs. Neben der Abgrenzungsfrage, ob eine Erbeinsetzung oder eine Vermächtnisanordnung besteht (vgl. oben III. 1. a) aa), gerät die Vermächtnisanordnung in ein Spannungsverhältnis zur Teilungsanordnung aus § 2048 BGB. Muss sich der Erbe den zugeteilten Gegenstand bei der Teilungsanordnung auf seine Erbquote anrechnen lassen, scheidet eine Anrechnung bei einer Vermächtnisanordnung aus. Entscheidend für die Auflösung des Spannungsverhältnisses ist der Wille des Erblassers: Wollte der Erblasser lediglich einen Leitfaden zur Durchführung der Erbauseinandersetzung geben, liegt eine Teilungsanordnung aus § 2048 BGB vor. Wollte er hingegen einen einzelnen Erben begünstigen, liegt ein Vermächtnis aus §§ 1939, 2147 BGB vor. Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Vermächtnisses ist daher der Begünstigungswille des Erblassers.
Praxishinweis:
Damit Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen einer Teilungsanordnung und einem (Voraus-)Vermächtnis im Zweifel vermieden werden können, sollte der Erblasser bei der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen klar zu erkennen geben, ob er einen Erben mit der Zuwendung eines Nachlassgegenstands begünstigen will oder nicht.