Nach einer kürzlich vorgestellten Studie der Allianz-Versicherung nehmen die Haftungsrisiken für Unternehmen zu. Einer Untersuchung ihrer Tochtergesellschaft Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) zufolge gebe es eine Reihe neuer Risikotrends zu Schäden, für die Unternehmen von Dritten in Haftung genommen werden könnten:
- zunehmende Rechtsstreitigkeiten, Sammelklagen und hohe Abfindungszahlungen für Geschädigte, v.a. in den USA;
- häufigere und teurere Rückrufaktionen in den Branchen Automobil und Lebensmittel;
- die Folgen von Unruhen und Protestbewegungen in vielen Ländern sowie
- Umwelthaftungsrisiken, wie die Luftqualität in Innenräumen oder Legionellen- und Schimmelbefall.
Als Belege führt die Studie u.a. die Situation in den USA bei Schadenersatzklagen an. Hier habe sich die durchschnittliche Vergleichssumme der Top 50-US-Gerichtsurteile von 2014 bis 2018 von 28 Mio. auf 54 Mio. US-Dollar fast verdoppelt. Aber auch in vielen anderen Ländern seien in den letzten Jahren die Hürden für Verbraucher gesenkt worden, um Sammelklagen einzuleiten. Dazu gehörten Deutschland, die Niederlande, England und Wales, Südafrika oder Saudi-Arabien – alles Länder, in denen das Risiko für Sammelklagen bislang als "mittel" eingestuft wurde.
In der Automobilindustrie habe es in letzter Zeit sowohl in den USA als auch in Europa eine wachsende Zahl von Rückrufaktionen gegeben. So habe es in den USA im vergangenen Jahr 966 sicherheitsrelevante Rückrufe gegeben, von denen weit über 50 Millionen Fahrzeuge betroffen waren. In Europa habe die Zahl der Produktrückrufe im letzten Jahr 475 betragen – die höchste Zahl für ein einzelnes Jahr im letzten Jahrzehnt und 11 % mehr als im Vorjahr. Auch in der Lebensmittelbranche würden die Rückrufaktionen zunehmen. Gründe dafür seien die wachsenden Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit sowie verstärkte Überwachung durch die Behörden. Insgesamt würden Unternehmen immer stärker daran gemessen, wie sie zu Umwelt- und Gesundheitsschutz und zur Ressourcenschonung beitragen. Ihnen drohten im Falle von Umweltverschmutzung immer häufiger Ermittlungen, Bußgelder oder die Verpflichtung zu Abhilfemaßnahmen.
Ein relativ neues Phänomen seien auch Massenproteste und zivile Unruhen wie etwa die "Gelbwesten-Proteste" in Frankreich, die Unruhen in Chile, Hongkong und Bolivien und aktuell die "Black-Lives-Matter"-Bewegung in den USA. So sollen Schätzungen zufolge allein die Massenproteste nach dem Tod von George Floyd in vielen US-Städten Schäden von mehr als einer Milliarde US-Dollar verursacht haben; in der Folge sehe sich deshalb auch die Versicherungsbranche mit zahlreichen Ansprüchen konfrontiert.
Die Coronavirus-Pandemie werde, so die Prognose, die vorgenannten Schadensszenarien noch verschärfen, was sich v.a. auf die Haftpflichtsparte der Versicherer auswirke. "Nimmt man noch die trüben wirtschaftlichen Aussichten, die politische Instabilität in einigen Ländern und die Unsicherheit im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Pandemie dazu, kann man im Bereich Haftpflicht wirklich von einem herausfordernden Markt für Kunden, Makler und Versicherer sprechen", so eine Managerin der AGCS.
[Quelle: AGCS]