Für den Kauf einer Waremit digitalen Elementen, bei dem sich der Unternehmer verpflichtet, dass er selbst oder ein Dritter die digitalen Elemente bereitstellt, gelten gem. § 475b Abs. 1 S. 1 BGB in Umsetzung von Art. 3 Abs. 3 S. 2 i.V.m. Art. 2 Abs. 5 Buchst. b WKRL ergänzend die Regelungen dieser Vorschrift.
aa) Ware mit digitalen Elementen
Waren mit digitalen Elementen sind nach der Legaldefinition des § 327a Abs. 3 S. 1 BGB neu solche, die digitale Produkte dergestalt enthalten oder mit ihnen verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen ohne diese digitalen Produkte nicht erfüllen können.
Digitale Inhalte sind gem. § 327 Abs. 2 S. 1 BGB neu (Art. 2 Nr. 6 WKRL) Daten, die in digitaler Form erstellt oder bereitgestellt werden.
Digitale Dienstleistungen sind nach § 327 Abs. 2 S. 2 BGB neu (Art. 2 Nr. 7 WKRL) Dienstleistungen, die dem Verbraucher
- die Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang zu solchen Daten ermöglichen (Buchstabe a), oder
- die gemeinsame Nutzung der vom Verbraucher oder anderen Nutzern der entsprechenden Dienstleistung in digitaler Form hochgeladenen oder erstellten Daten oder sonstige Interaktionen mit diesen Daten ermöglichen (Buchst. b).
Nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt eines Verbrauchsgüterkaufs einer Ware mit digitalen Elementen beurteilt sich, ob die Bereitstellung digitaler Elemente vom Unternehmer geschuldet wird – sei es, dass dies im Vertrag ausdrücklich bestimmt ist oder die Auslegung ergibt, dass die Bereitstellung spezifischer digitaler Elemente vom Vertrag mit umfasst ist, "weil diese bei Sachen der gleichen Art üblich sind und der Verbraucher sie erwarten kann" (RegE, BT-Drucks 19/27424, S. 30). Nach Erwägungsgrund Nr. 15 der WKRL sind zur Bestimmung dieser "Erwartung" die Beschaffenheit der Sachen und öffentliche Erklärungen des Unternehmers, eines Gehilfen oder anderer Personen in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette im Vorfeld des Vertragsschlusses zu berücksichtigen.
Beim Kauf einer Ware mit digitalen Elementen ist nach der Auslegungsregel des § 327a Abs. 3 S. 2 BGB, der über § 475b Abs. 1 S. 2 BGB zur Anwendung gelangt, im Zweifel anzunehmen, dass die Verpflichtung des Unternehmers die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen umfasst – womit "künstliche Vertragsaufspaltungen, Umgehungen und Unsicherheit über den Umgang der vertraglichen Verpflichtungen sowohl bei den Unternehmern als auch bei den Verbrauchern vermieden werden" sollen (RegE, BT-Drucks 19/27424, S. 31).
"Würde bspw. in der betreffenden Werbung angegeben, dass ein Smart-TV eine bestimmte Video-Anwendung enthält, so würde diese Video-Anwendung als Bestandteil des Kaufvertrags angesehen werden. Dies sollte unabhängig davon gelten, ob der digitale Inhalt oder die digitale Dienstleistung auf der Ware selbst vorinstalliert ist oder anschließend auf einem anderen Gerät heruntergeladen werden muss und mit der Ware nur verbunden ist. Beispielsweise könnten auf einem Smartphone gemäß Kaufvertrag standardisierte vorinstallierte Anwendungen zu finden sein wie beispielsweise eine Alarmfunktion oder eine Kameraanwendung. Ein anderes mögliches Beispiel ist die intelligente Armbanduhr. In einem solchen Fall würde die Uhr selbst als die Ware mit digitalen Elementen gelten, die ihre Funktionen nur mittels einer Anwendung erfüllen kann, die gemäß Kaufvertrag bereitgestellt wird, aber vom Verbraucher auf ein Smartphone heruntergeladen werden muss. Die Anwendung wäre dann das verbundene digitale Element. Dies sollte auch gelten, wenn die enthaltenen oder verbundenen digitalen Inhalte oder Dienstleistungen nicht vom Verkäufer selbst, sondern gemäß Kaufvertrag von einem Dritten bereitgestellt werden. Bestehen Zweifel, ob die Bereitstellung von digitalen Inhalten oder Dienstleistungen Teil des Kaufvertrags ist, sollten die Bestimmungen dieser Richtlinie gelten, um Unsicherheit sowohl bei den Händlern als auch bei den Verbrauchern zu vermeiden" (Erwägungsgrund Nr. 15 der WKRL).
bb) Sachmangelfreiheit
Eine Ware mit digitalen Elementen ist nach § 475b Abs. 2 BGB – in Anlehnung an § 434 Abs. 1 BGB (unter I.) – frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang und in Bezug auf eine Aktualisierung auch während des Zeitraums nach § 475b Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 4 Nr. 2 BGB (d.h. dem Aktualisierungszeitraum) den subjektiven Anforderungen (gleich unter aaa)), den objektiven Anforderungen (bbb)), den Montageanforderungen und den Installationsanforderungen (ccc)) entspricht. Die dauerhafte Aktualisierungspflicht der bereitzustellenden digitalen Elemente bildet dann den Kern des Sachmangelbegriffs. Eine negative Beschaffenheitsvereinbarung ist nur nach Maßgabe von § 476 Abs. 1 S. 2 BGB (unter IX.1.) zulässig.
6.2.1.2.1 aaa) Subjektive Anforderungen
Eine Ware mit digitalen Elementen entspricht gem. § 475b Abs. 3 BGB nur dann den subjektiven Anforderungen, wenn
- sie (im Zeitpunkt des Gefahrübergangs) den (allgemeinen) Anforderungen des § 434 Abs. 2 BGB entspricht (Nr. 1) und
- für die digitalen Elemente die im Kaufvertrag (nach Art und Dauer) vertraglich vereinbart...