Zusammenfassung
Das "Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags" vom 25.6.2021 (BGBl I, S. 2133) dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.5.2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs (Warenkaufrichtlinie, fortan WKRL), zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie 2009/22/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1994/44/EG (ABl L 136 vom 22.5.2019, S. 28; L 305 vom 26.11.2019, S. 66). Die WKRL war bis zum 1.7.2021 umzusetzen. Sie ersetzt die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (VerbrGKRL) und verlangt eine Vollharmonisierung, womit ein Gestaltungsspielraum des deutschen Gesetzgebers bei der Umsetzung weitgehend ausgeschlossen war.
Am selben Tag wurde auch das "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen" beschlossen (BGBl I, S. 2123), das der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/770 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.5.2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (ABl L 136 vom 22.5.2019, S. 1; L 305 vom 26.11.2019, S. 62) dient.
Beide Gesetze treten am 1.1.2022 in Kraft. Der vorliegende Beitrag muss sich aus Platzgründen auf die Umsetzung der WKRL im BGB beschränken.
I. Neuregelung des Sachmangelbegriffs
In Umsetzung der Art. 5 bis 8 WKRL wird § 434 BGB neu gefasst, systematisiert und der Fehlerbegriff konkretisiert (RegE, BT-Drucks 19/27424, S. 22).
Eine Sache ist nach § 434 Abs. 1 BGB in Umsetzung von Art. 5 WKRL frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang i.S. eines für das deutsche Recht neuen Gleichrangs von subjektivem und objektivem Fehlerbegriff (RegE, BT-Drucks 19/27424, S. 23, entgegen § 434 Abs. 1 BGB alt: Vorrang der vereinbarten Beschaffenheit) den
- subjektiven Anforderungen (unter I.1.),
- objektiven Anforderungen (I.2.) und den
- Montageanforderungen (I.3.)
entspricht (Sachmangelfreiheit).
In der Relation B2B – d.h. im unternehmerischen Verkehr – hat dieser geänderte systematische Ansatz eines Gleichrangs keine Auswirkungen, da die Parteien auch weiterhin frei eine vom objektiven Qualitätsstandard abweichende Beschaffenheit der Kaufsache ausdrücklich oder konkludent vereinbaren können (Möglichkeit negativer Beschaffenheitsvereinbarungen, arg.: Die objektiven Anforderungen an eine Sache gelten nach § 434 Abs. 3 BGB nur, "soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde"). So ist es möglich, dass, ohne spezielle Formerfordernisse, die ansonsten auf Verbrauchsgüterkaufverträge beschränkten Aktualisierungspflichten i.S.d. §§ 475b und c BGB auch hier Anwendung finden sollen (RegE, BT-Drucks 19/27424, S. 23).
Hingegen ist § 434 BGB in der Relation B2C – d.h. für den Verbrauchsgüterkaufvertrag – grds. zwingend: Auf eine vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers von § 434 BGB abweicht, kann der Unternehmer sich nach § 476 Abs. 1 S. 1 BGB nicht berufen: "Es kann daher nicht ohne Weiteres eine den objektiven Anforderungen vorgehende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen werden" (RegE, BT-Drucks 19/27424, S. 23). Von den Vorgaben des § 434 Abs. 3 BGB (objektive Anforderungen) kann i.S. einer negativen Beschaffenheitsangabe vor Mitteilung eines Mangels durch den Verbraucher an den Unternehmer durch Vertrag gem. § 476 Abs. 1 S. 2 BGB in Umsetzung von Art. 7 Abs. 5 WKRL nur noch in der Form abgewichen werden (vgl. auch § 434 Abs. 3 S. 1 BGB: "soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde"), dass
- der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal der Sache von den objektiven Anforderungen abweicht (Nr. 1), und
- die Abweichung i.S.d. Nr. 1 im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde (Nr. 2).
1. Subjektive Anforderungen
Eine Sache entspricht nach § 434 Abs. 2 S. 1 BGB in Umsetzung von Art. 6 WKRL und ohne Änderung des bisherigen Rechtszustands (Lorenz NJW 2021, 2065, 2066) den subjektiven Anforderungen, wenn sie
- die (ausdrücklich oder konkludent) vereinbarte Beschaffenheit (i.S. einer Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien) hat (Nr. 1),
- sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (i.S. einer Verwendung, die der Käufer dem Verkäufer spätestens bei Abschluss des Kaufvertrags zur Kenntnis gebracht und der der Verkäufer zugestimmt hat, vgl. Art. 6 Buchst. b WKRL – eine ausdrückliche Zustimmung des Verkäufers ist nicht erforderlich, es reicht aus, dass er in Kenntnis der vom Käufer angestrebten Verwendung der Sache den Vertrag abschließt, ohne dem Käufer mitzuteilen, "dass die Kaufsache sich nicht für diese Verwendung eignet": RegE, BT-Drucks 19/27424, S. 23) (Nr. 2) und
- mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen (einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, vgl. Art. 6 Buchst. c WKRL) übergeben wird (Nr. 3).
Zu der Beschaffenheit nach § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB i.S. jeglic...