1 Neuer Rechtsrahmen für Corona-Schutzmaßnahmen
Das Bundeskabinett hat Ende August einen neuen Rechtsrahmen für Corona-Schutzmaßnahmen beschlossen. Dieser soll bereits ab Oktober gelten, weil die Bundesregierung davon ausgeht, dass die Infektionszahlen im Herbst wieder ansteigen werden. Die Fortentwicklung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) sieht ein mehrstufiges, lagebezogenes Schutzkonzept mit bundesweit geltenden grundsätzlichen Regelungen und weitergehenden landesspezifischen Regelungen vor und soll zunächst bis zum 7.4.2023 befristet sein.
Bundesweit vorgegeben wird u.a. das Tragen einer FFP2-Schutzmaske im Fernreise- und im Flugverkehr sowie in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Die Länder sollen darüber hinaus weitergehende Regelungen erlassen können, um die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder der sonstigen kritischen Infrastruktur zu gewährleisten. So dürfen sie etwa auch für den öffentlichen Personennahverkehr und in öffentlich zugänglichen Innenräumen eine Maskenpflicht vorschreiben. Dies gilt auch für Kultur- und Sportveranstaltungen sowie in Restaurants. Hier soll es aber eine Ausnahme geben: Wer über einen Testnachweis verfügt, soll von der Maskenpflicht ausgenommen sein. Die Länder können diese Ausnahme auf Personen ausweiten, die nachweisen können, dass sie frisch geimpft oder genesen sind. Ebenso sollen die Länder eine Testpflicht in Schulen und Kindertageseinrichtungen sowie eine Maskenpflicht in Schulen ab dem fünften Schuljahr vorschreiben können.
Auf einer dritten Stufe sollen weitere Maßnahmen bei konkreter Gefahr der Gesundheitslage ermöglicht werden. So soll etwa die Anordnung weitergehender Maßnahmen möglich sein, falls ein Landesparlament für das gesamte Bundesland oder eine bestimmte Region eine konkrete Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder der sonstigen kritischen Infrastruktur feststellt. Dann soll z.B. auch eine Maskenpflicht bei Veranstaltungen im Außenbereich angeordnet werden können, wenn ein Mindestabstand von 1,5 Meter nicht eingehalten werden kann. Des Weiteren soll eine Personenobergrenze für Veranstaltungen in öffentlich zugänglichen Innenräumen festgelegt werden können.
Mit diesem abgestuften Instrumentarium soll nach Auffassung der Bundesregierung die absehbare nächste Corona-Welle bewältigt werden können. Bundesjustizminister Buschmann sprach von einem „guten, moderaten und maßvollen Konzept”.
[Quelle: BMJ]
2 Pandemiebedingte Triage wird gesetzlich geregelt
Angesichts des in diesem Herbst erneut zu erwartenden Anstiegs der Covid-Infektionszahlen (vgl. dazu auch die vorstehende Nachricht) will die Bundesregierung die Situation, dass Mediziner in den Kliniken aufgrund von knappen Ressourcen zu irgendeinem Zeitpunkt wählen müssen, wen sie prioritär behandeln und wen nicht, und damit über Leben und Tod von Patienten entscheiden (sog. Triage), jetzt gesetzlich regeln. Sie kommt damit auch einem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts nach, das im vergangenen Jahr entschieden hatte, dass der Staat die Pflicht hat, bestimmte besonders schutzbedürftige Gruppen von Menschen, insb. Behinderte, vor einer Benachteiligung zu schützen; bei einer Zuteilung knapper intensivmedizinischer Ressourcen müsse, so die Verfassungsrichter, der Gesetzgeber die maßgebenden Kriterien selbst vorgeben und entsprechende Schutzvorkehrungen treffen (vgl. hierzu Anwaltsmagazin ZAP 2022, 52).
Um diese Schutzpflicht umzusetzen, wird nun eine Regelung ins Infektionsschutzgesetz eingefügt, die die betroffenen Patientinnen und Patienten vor Diskriminierung schützt und gleichzeitig für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte Rechtssicherheit schafft. Dies sieht der Ende August 2022 vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vor. Die neue Regelung gilt zwar ausnahmslos für alle intensivmedizinisch behandelten Patientinnen und Patienten. Sie bezieht sich ausschließlich auf Situationen, in denen die Behandlungskapazitäten auf den Intensivstationen aufgrund einer übertragbaren Krankheit – wie der Corona-Pandemie – nicht ausreichen.
Die Entscheidung, wer intensivmedizinisch betreut wird, soll danach ausschließlich anhand des Kriteriums der „aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit” getroffen werden. Hingegen dürfen Kriterien wie Behinderung, Alter, die mittel- oder langfristige Lebenserwartung, der Grad der Gebrechlichkeit oder die Lebensqualität bei einer Zuteilungsentscheidung ausdrücklich nicht berücksichtigt werden. Intensivmedizinische Behandlungskapazitäten, die bereits zugeteilt worden sind, werden von der Zuteilungsentscheidung ausdrücklich ausgenommen. Sie stehen nach Auffassung der Bundesregierung nicht zur Disposition, solange eine intensivmedizinische Behandlung notwendig ist und dem Patientenwillen entspricht.
Der Sozialverband Deutschlands hat das Vorhaben bereits begrüßt, jedoch in einigen Punkten auch Kritik geübt. Positiv sieht er, dass die Situation der Triage künftig gesetzlich geregelt ist und dass darin ein explizites Benachteiligungsverbot enthalten sein wird. Kritisch sieht der V...