Eine Internethändlerin (Kapitalgesellschaft), die Tierfutter vertreibt, hatte sich nach wettbewerbsrechtlicher Abmahnung gegenüber einem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimierten Wettbewerbsverband verpflichtet, es künftig zu unterlassen, Angebote zu veröffentlichen und/oder unter Angabe von Preisen zu werben, bei denen nicht gleichzeitig der Grundpreis und der Gesamtpreis unmissverständlich, klar erkennbar (in unmittelbarer Nähe) und gut lesbar angegeben werden. Nach Abschluss des Unterlassungsvertrages warb die Händlerin bei Google Shopping unter Angabe des Gesamtpreises für "hypoallergenes Nassfutter mit Insekten", sechs Dosen zu je 400 g, ohne in ihrer eigenen Warenpräsentation den Grundpreis nach Gewicht anzugeben. Der dies feststellende Verband forderte eine von ihm i.H.v. 3.000 EUR bestimmte Vertragsstrafe. Nachdem diese nicht gezahlt wurde, klagte der Verband die Vertragsstrafe beim LG Bonn ein. Das LG Bonn (Urt. v. 26.5.2020 – 11 O 59/19) wies die Klage ab mit der Begründung, die in der Unterlassungserklärung enthaltene Formulierung "in unmittelbarer Nähe" gehe bei europarechtskonformer Auslegung des § 2 Abs. 1 PAngV über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 98/6/EG (Preisangabenrichtlinie) legt fest, dass der Gesamt- und der Grundpreis nur unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein muss. Eine unmittelbare Nähe wird in der europäischen Richtlinie allerdings nicht erwähnt. Strengere Anforderungen der nationalen Gesetzgeber sind in diesem Falle der Umsetzung der europäischen Richtlinienvorgabe auch nicht gestattet. Ob die Formulierung überhaupt etwas anderes als die Vorgabe der EU-Richtlinie bedeutet, ist umstritten (bzgl. der strengeren Sichtweise s. z.B. OLG Hamburg, Urt. v. 25.6.2020 – 3 U 184/19; die gegenteilige Sichtweise vertritt u.a. das OLG Naumburg, Urt. v. 29.4.2021 – 9 U 114/20, das die Revision zum BGH zugelassen hat; diese wurde eingelegt – I ZR 69/21). Je nachdem, ob ein Gericht dies als ein "Mehr" gegenüber dem gesetzlichen Anspruch ansieht oder lediglich als weitere Konkretisierung von "unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar" (Richtlinien-Vorgaben), kommt man – beim Unterlassungsanspruch – zu einer Teilabweisung. Das LG Bonn hatte aber übersehen, dass es hier nicht um den gesetzlichen Anspruch, sondern den vertraglichen (aus einem Unterlassungsvertrag) geht. Insofern wies das OLG Köln (Urt. v. 18.12.2020 – 6 U 82/20) darauf hin, dass es nicht auf dem Meinungsstreit zu § 2 PAngV ankomme, sondern nur auf die Auslegung des Unterlassungsvertrages. Das OLG Köln kam dann zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Formulierung "in unmittelbarer Nähe" nach dem Willen der Parteien lediglich um eine Konkretisierung des Merkmals "klar erkennbar" (Richtlinientext) handele, da die Formulierungen sich i.Ü. an dem Richtlinientext orientiert haben.
Die Berufung hatte aber aus anderem Grunde keinen Erfolg. Bezogen auf die konkrete Präsentation der Beklagten fehlte der Grundpreis. Allerdings stand unmittelbar davor in der Trefferliste bei Google Shopping eine entsprechende Werbeanzeige eines Mitbewerbers der Beklagten (identischer Gesamtpreis, derselbe Hersteller, dieselbe Dosenanzahl und dasselbe Dosengewicht) mit dem korrekten Grundpreis. Da das Gericht im Wege der Auslegung die "unmittelbare Nähe" nur als einen Teilaspekt von "klar erkennbar" ansah, kam es zu dem Ergebnis, dass die klare Erkennbarkeit in diesem konkreten Falle (mehr oder weniger zufällig durch die Listung der im Kern identischen Anzeige oberhalb der Präsentation der Beklagten) auf anderem Wege als durch "in unmittelbarer Nähe" erreicht worden sei. Insofern hatte die Beklagte Glück gehabt, dass sich ihr Fehler bei der Einstellung der Grundpreisangaben im Google Merchant Center nicht ausgewirkt hatte.