Diverse Vorschriften enthalten Vorgaben, wie Pflichtangaben darzustellen sind. Beispielsweise bestimmt Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung; kurz: LMIV), dass die Pflichtangaben gem. Art. 9 Abs. 1 LMIV, wenn sie auf der Packung oder dem daran befestigten Etikett gemacht werden, dort in einer Schriftgröße mit einer x-Höhe gem. Anhang IV von mind. 1,2 mm so aufzudrucken sind, dass eine gute Lesbarkeit sichergestellt ist. Anhang IV zur LMIV enthält eine Definition der x-Höhe, die unter der Nr. 7 die Schriftgröße zum Gegenstand hat.
Auch die Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel (Kosmetikverordnung) enthält in Art. 19 Vorgaben für die Kennzeichnung. Hiernach dürfen kosmetische Mittel nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn die Behältnisse und Verpackungen kosmetischer Mittel unverwischbar, leicht lesbar und deutlich sichtbar folgende Angaben tragen:
- Den Namen oder die Firma und die Anschrift der verantwortlichen Person
- Den Nenninhalt zur Zeit der Abfüllung, als Gewichts- oder Volumenangabe
- Das Datum, bis zu dem das kosmetische Mittel bei sachgemäßer Aufbewahrung seine ursprüngliche Funktion erfüllt und insb. mit Art. 3 vereinbar ist (Mindesthaltbarkeitsdatum)
- Die besonderen Vorsichtsmaßnahmen (Warnhinweise) für den Gebrauch
- Die Chargennummer oder das Zeichen, das eine Identifizierung des kosmetischen Mittels ermöglicht
- Der Verwendungszweck des kosmetischen Mittels
- Eine Liste der Bestandteile („Ingredients”)
Vor dem Hintergrund der letztgenannten Regelung hatte der vzbv e.V. Angaben auf der Verpackung eines Produkts „h ... a ... s ... C ... C ...” beanstandet. Die Informationen über Bestandteile (Inhaltsstoffe) und Warnhinweise waren auf einem sich auf der Rückseite befindlichen weißen Aufkleber in dunkelblauer Schrift abgedruckt. Die Schriftgröße entsprach der Größe, die auch andere Kosmetikprodukte aufweisen. Das Produkt enthielt keine Inhaltsstoffe, die in Anlagen III bis IV der Kosmetikverordnung aufgeführt und für die Warnhinweise zu erteilen sind. Der vzbv e.V. mahnte die für den deutschen Markt zuständige Gesellschaft des Herstellers ab und behauptete, dass die Schriftgröße der Inhaltsstoffe und Warnhinweise für den kleinen Buchstaben „x” ca. 1 mm betragen würde. Die Pflichtangaben i.S.d. Art. 19 Abs. 1 Kosmetikverordnung seien daher nicht leicht lesbar und deutlich sichtbar dargestellt. Die Buchstaben stünden so eng beieinander, dass sie nur unter erheblichen Anstrengungen entziffert werden könnten, unabhängig davon, ob die Lichtverhältnisse gut oder schlecht seien. Da das abgemahnte Unternehmen keine Unterlassungserklärung abgab, erhob der vzbv e.V. Klage u.a. auf Unterlassung und Kostenerstattung.
Das LG Frankfurt a.M. (Urt. v. 24.2.2023 – 2-06 O 240/22) entschied, dass dem vzbv e.V. ein Anspruch auf Unterlassung nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 Kosmetikverordnung zustehe. Letztgenannte Regelung der Kosmetikverordnung stelle eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG dar. Die Pflichtangaben nach Art. 19 Abs. 1 Kosmetikverordnung, u.a. die Liste der Bestandteile i.S.d. § 19 Abs. 1 lit. g, seien nicht leicht lesbar und deutlich sichtbar. Eine bestimmte Mindestgröße gebe die Kosmetikverordnung nicht vor. Die Begriffe „deutlich sichtbar und leicht lesbar” seien aufeinander bezogen und richteten sich nach der Größe, Farbe, Anordnung und Untergrund der Schrift. Bei kosmetischen Mitteln seien an die Größe der Schrift keine besonders hohen Anforderungen zu stellen. Anhaltspunkte für die Beurteilung der Schriftgröße könnten die Bestimmungen der LMIV für gesundheitsrelevante Angaben darstellen. Nach Art. 13 LMIV müsse die x-Höhe gemessen an der Mittellinie zur Grundlinie mind. 1,2 mm aufweisen bei Verpackungen mit weniger als 80 cm² Oberfläche. Für den Bereich des HWG sei anerkannt, dass auch ein kleines Schriftbild ausreichend sein könne, wenn die Angaben insgesamt unter normalen Sichtverhältnissen ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesbar seien. Diese Vorgaben seien jedoch vorliegend nicht erfüllt. Die Schrift sei unstreitig kleiner als ein Schriftbild von 1,2 mm gemessen an dem kleinen „x” nach Maßgabe der LMIV. Ferner stehe nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass das Schriftbild unter normalen Sichtverhältnissen ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesbar sei. Hierbei sei nicht ausreichend, wenn einige Mitglieder der angesprochenen Verkehrskreise die Angabe lesen könnten und andere nicht, da „deutliche Sichtbarkeit” und „leichte Lesbarkeit” verlange, dass zumindest die Mehrheit der Verkehrskreise die Angaben mühelos lesen könnte. Eine mühelose Lesbarkeit konnte die Kammer, die als potenzielle Käufer Mitglieder der angesprochenen Verkehrskreise darstellten, nicht bestätigen. Die Liste der Inhaltsstoffe weise ein schmales Schriftbild mit zusammengerückten Buchstaben auf, die Schrift sei in dunkelblau auf weißem Grund gehalten und in einer Art gestaltet, die es teilweise gerade noc...