Einmal jährlich veröffentlicht der Herausgeber der Zeitschrift „Focus Gesundheit” die „Focus-Ärzteliste”. Ungefähr 4.200 Mediziner aus 122 Fachbereichen werden vom herausgebenden Verlag ausgewählt. Die Wettbewerbszentrale beanstandete die Methode, dass „Focus Gesundheit” gegen Entgelt an Ärztinnen und Ärzte Siegel verleiht, die sie als sog. Top-Mediziner bzw. durch „Focus-Empfehlung” auszeichnet. Gegen eine zu bezahlende Lizenz i.H.v. ca. 2.000 EUR netto erhalten Ärztinnen und Ärzte ein Siegel unter der Rubrik „Focus Empfehlung”, das sie sodann werbend benutzen können und dies auch (unter Angabe der Fachrichtung bzw. des betreffenden Landkreises) tun. In ihrer Abmahnung beanstandete die Wettbewerbszentrale, dass mit den Siegeln, die wie ein Prüfzeichen gestaltet sind, bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt wird, dass die betreffenden Ärzte, die als „TOP-Mediziner” bezeichnet bzw. als „Focus Empfehlung” angepriesen werden, aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet wurden und dadurch eine Spitzenstellung unter den Ärzten gleicher Fachdisziplin einnehmen. Da die Herausgeberin die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hatte, klagte die Wettbewerbszentrale auf Unterlassung, das Siegel zu Werbezwecken anzubieten und/oder zur Verfügung zu stellen. Das LG München I (Urt. v. 13.2.2023 – 4 HKO 14545/21) gab der Klage statt. In der Begründung führte das Gericht aus, die entgeltliche Vergabe von Lizenzen zur Nutzung von Siegeln mit der Bezeichnung „TOP-Mediziner” sei irreführend, wenn die Bewertung maßgeblich auf lediglich subjektiven Umständen (wie z.B. Kollegenempfehlung oder Patientenzufriedenheit) basiert. Die Siegel-Angebote seien auch dann nicht von der Pressefreiheit gedeckt, wenn die Ärztelisten zuvor als Presseprodukt veröffentlicht worden sind. Zwar erstrecke sich die Pressefreiheit bei dem Sachverhalt, der dem Beschluss des BVerfG v. 1.8.2002 – 1 BvR 580/02, Juve-Handbuch zugrunde lag, auch auf die Refinanzierung der redaktionellen Inhalte. Diese Aussage des BVerfG beziehe sich jedoch allein darauf, dass in dem dort zu entscheidenden Fall nicht festgestellt werden konnte, dass durch die Veröffentlichung von Ranglisten in sittenwidriger Weise auf die Aufgabe von Inseraten hingewirkt wurde und dass anzeigenfinanzierte Medien regelmäßig darauf angewiesen seien, zur Schaltung von Anzeigen zu motivieren. Hiervon unterscheide sich der vorliegende Fall jedoch grundlegend. Die Wettbewerbswidrigkeit der Focus-Prüfsiegel ergebe sich im vorliegenden Fall nicht daraus, dass irgendjemand in sittenwidriger Weise zum Erwerb dieses Prüfsiegels verleitet wurde, sondern daraus, dass in irreführender Weise der Bereich des redaktionellen, wertenden Beitrags verlassen und der Eindruck erweckt werde, es finde eine Bewertung nach objektiven Kriterien statt.