Dass ohne Renos in vielen Kanzleien praktisch kaum noch etwas gehen würde, bedarf sicher keiner weitschweifigen Erläuterungen. Das gut ausgebildete Personal übernimmt neben Routinearbeiten in den Büros anspruchsvolle Aufgaben und ganze Tätigkeitsfelder, auf denen sich die eigentlichen Berufsträger selbst kaum noch auskennen. Eine Angelegenheit, bei der sich viele Rechtsanwälte mittlerweile weitgehend auf ihr Personal verlassen, ist die Fristenberechnung. Gerade hier ist aber Vorsicht angesagt, wie das Bundesverwaltungsgericht kürzlich entschieden hat. Danach dürfen die in der betreffenden Kanzlei „üblichen Fristberechnungen” durchaus den Renos überlassen werden, so das höchste deutsche Verwaltungsgericht; dies gilt aber nicht für außergewöhnliche Fristsachen, die nur gelegentlich in der Kanzlei aufschlagen. Hier müssten sich die Rechtsanwälte selbst an die Berechnung machen (BVerwG, Beschl. v. 9.7.2024 – 7 B 6.24).
Hintergrund der Entscheidung war ein Fristversäumnis durch eine Rechtsanwältin. Diese hatte ein Verfahren vor dem OVG Lüneburg gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung verloren. Weil das OVG die Revision nicht zuließ, reichte die Kollegin Nichtzulassungsbeschwerde beim BVerwG ein. Die Berechnung der Frist für die Begründung des Rechtsbehelfs überließ sie ihrer Angestellten, die sich jedoch um einen Tag verrechnete, sodass die Begründung zu spät bei Gericht einging. Ihr Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand blieb ohne Erfolg.
Wie der 7. Senat ausführte, hätte die Anwältin die Fristberechnung zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht einer Rechtsanwalts- und Notarsgehilfin überlassen dürfen. Grundsätzlich seien die Fristenberechnungen bei gut ausgebildetem und sorgfältig überwachtem Büropersonal zwar möglich, allerdings gelte dies nur für Fristen, die in der Praxis des jeweiligen Prozessbevollmächtigten üblich seien. Hierzu gehörten jedoch nicht die in Verfahren vor dem BVerwG zu beachtenden Rechtsmittelbegründungsfristen. Denn hier würden regelmäßig Rechtsanwälte auftreten, für die die Führung eines Revisionsverfahrens keine Routineangelegenheit darstelle, da sie eine solche Vertretung nur gelegentlich übernähmen. Es könne daher regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass die von der ZPO und von der FGO teilweise abweichenden Regelungen des Revisionsverfahrensrechts nach der VwGO jedem Rechtsanwalt und seinem Büropersonal hinreichend vertraut seien (so schon BVerwG, Beschl. v. 7.3.1995 – 9 C 390.94). Soweit der Prozessbevollmächtigten die Überwachung der Fristen nicht persönlich möglich gewesen sei, hätte sie insoweit einen weiteren in ihrer Kanzlei tätigen Rechtsanwalt mit ihrer Überwachung betrauen müssen, forderte der Senat.
[Quelle: BVerwG]