Der E-Scooter ist in der Rechtsprechung angekommen (vgl. dazu auch Deutscher, ZAP F. 9, S. 1105; Burhoff, VA 2020, 16 ff.). Das merkt man deutlich daran, dass auch im strafrechtlichen Bereich Gerichtsentscheidungen zunehmen, die sich mit dem E-Scooter befassen. Dabei geht es derzeit vornehmlich um die Frage, ob nach einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter die Fahrerlaubnis entzogen werden kann. Die bekannt gewordenen Entscheidungen sind in der nachfolgenden Übersicht zusammengestellt.
Gericht/Entscheidung |
Besonderheiten des Sachverhalts |
Argumentation des Gerichts |
BayObLG, Beschl. v. 24.7.2020 – 205 StRR 216/20: Sperre von sieben Monaten und drei Monate Fahrverbot |
Strecke von ca. 300 m; Fahrt auf dem Bürgersteig, der zum Tatzeitpunkt von Fußgängern nicht benutzt wurde. |
E-Scooter ist ein Kfz. Es gilt die 1,1 ‰-Grenze. Keine Widerlegung der Regelvermutung. |
LG München I, Beschl. v. 30.10.209 – 1 J Qs 24/19 jug, VRS 138, 29: Fahrerlaubnis entzogen. |
Fahrt um 0.12 Uhr, BAK 1,49 ‰. |
E-Scooter ist ein Kfz. Es gilt die 1,1 ‰-Grenze. Das Gefährdungspotenzial entspricht nicht dem eines Fahrrads, sondern eher einem Mofa. |
LG München I, Beschl. v. 29.11.2019 – 26 Qs 51/19, DAR 2020, 111: Fahrerlaubnis entzogen. |
Fahrt im Sommer um 21.15 Uhr auf innerstädtischen Straßen, BAK 1,23 ‰. |
E-Scooter ist ein Kfz. Es gilt die 1,1 ‰-Grenze. Das Gefährdungspotenzial entspricht nicht dem eines Fahrrads, sondern eher einem Mofa. Die Tatsache, dass E-Scooter einfach gestartet werden können und bereits ab 14 Jahren, sowie ohne Helm gesteuert werden dürfen, widerlegt den Eignungsmangel nicht. |
LG Dortmund, Beschl. v. 7.2.2020 – 31 Qs 1/20, VRS 138, 20 = StRR 3/2020, 28 = VRR 3/2020, 16: Fahrerlaubnis nicht entzogen. |
Fahrt um 1.10 Uhr auf dem Gehweg einer innerstädtischen Straße, BAK 1,56 ‰, kurze Wegstrecke. |
E-Scooter ist ein Kfz. Es gilt die 1,1 ‰-Grenze. Gefährdungspotenzial entspricht eher dem eines Pedelec. Die Regelvermutung kann (daher) bei einer Fahrt über eine Wegstrecke von einigen Metern und/oder zu verkehrsarmer Zeit widerlegt werden. |
LG Dortmund, Beschl. v. 7.2.2020 – 35 Qs 3/20, StRR 3/2020, 28 = VRR 3/2020, 16: Fahrerlaubnis nicht entzogen. |
Fahrt um 1.37 Uhr auf dem Gehweg einer innerstädtischen Straße, BAK 1,86 ‰, sehr kurze Wegstrecke, nach Sturz nicht weitergefahren. |
E-Scooter ist ein Kfz. Es gilt die 1,1 ‰-Grenze. Geringeres Gefährdungspotenzial als bei einem Kfz. Daher Regelvermutung widerlegt. |
LG Dortmund, Beschl. v. 11.2.2020 – 43 Qs 5/20, DAR 2020, 374 = StRR 3/2020, 30 = VRR 3/2020, 14: Fahrerlaubnis entzogen. |
Fahrt mit 1,73 ‰, Irrtum über den Grenzwert geltend gemacht. |
E-Scooter ist ein Kfz. Es gilt die 1,1 ‰-Grenze. Regelwirkung ist nicht widerlegt, da auch die für Fahrräder geltende 1,6 ‰-Grenze überschritten ist. Der Irrtum über den Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit bei der Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter ist ein vermeidbarer Verbotsirrtum. |
LG Halle, Beschl. v. 16.7.2020 – 3 Qs 81/20: Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben. |
Nächtliche Fahrt innerorts um 1.55 Uhr, BAK 1,28 %. |
Frage, ob ein E-Scooter ein Kfz ist, wird offengelassen. Keine Entziehung der Fahrerlaubnis wegen des geringen mit einem Fahrrad vergleichbaren Gefährdungspotenzials. |
AG Dortmund, Urt. v. 21.1.2020 – 729 Ds – 060 Js 513/19 – 349/19, NZV 2020, 270: Fahrerlaubnis nicht entzogen. |
Fahrt um 0.34 Uhr, BAK 1,4 ‰. |
E-Scooter ist ein Kfz. Es gilt die 1,1 ‰-Grenze. Bei einer nächtlichen Fahrt zu verkehrsarmer Zeit auf einer Verkehrsfläche ohne jeden Bezug zum fließenden Straßenverkehr und ohne tatsächlich feststellbare oder auch nur abstrakt drohende Beeinträchtigung Rechtsgüter Dritter durch einen nicht vorbelasteten und geständigen Täter kann nicht von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kfz ausgegangen werden. |