Auch im landgerichtlichen Verfahren gilt für die Schutzschrift kein Anwaltszwang nach § 78 ZPO (Deutsch GRUR 1990, 327, 328; Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, Rn. 291). Dies wird mit Blick auf § 920 Abs. 3 ZPO aus dem Grundsatz der Waffengleichheit begründet (Musielak/Huber, ZPO, § 937 ZPO Rn. 7), was aber keineswegs zwingend erscheint, da § 920 Abs. 3 ZPO einen Antrag zu Protokoll der Geschäftsstelle voraussetzt, was für die Schutzschrift nicht gefordert wird.
Anders als dies § 945a Abs. 1 ZPO annehmen lässt, stehen dem Antragsgegner mehrere Wege zur Einreichung einer Schutzschrift zur Wahl. Gemäß § 49c BRAO sind Rechtsanwälte zwar beginnend mit dem 1.1.2017 dazu verpflichtet, Schutzschriften ausschließlich zum elektronischen Schutzschriftenregister nach § 945a ZPO einzureichen.
Für solche Einreicher, die nicht dem anwaltlichen Standesrecht verpflichtet sind, besteht aber nach heutiger Gesetzeslage auch über den 1.1.2017 hinaus keine Verpflichtung zur Einreichung über das zentrale Register, so dass auf unabsehbare Zeit mehrere Wege zum rechtlichen Gehör offenstehen, wenn man die Alternative der Einreichung "über den Mandanten" berücksichtigt. Folgende Möglichkeiten zur Hinterlegung einer Schutzschrift bieten sich an:
- zentrale Einreichung beim zentralen elektronischen Register für Schutzschriften (Schutzschriftenregister), das von der Landesjustizverwaltung Hessen für die Länder geführt wird und unter der Adresse https://schutzschriftenregister.hessen.de bzw. durch unmittelbare Adressierung des EGVP-Postfachs des ZSSR (im EGVP-Adressverzeichnis zu finden unter "Zentrales Schutzschriftenregister") erreichbar ist;
- zentrale Einreichung beim elektronischen Schutzschriftenregister der EEAR (Europäische EDV-Akademie des Rechts gGmbH), erreichbar unter der Adresse https://www.schutzschriftenregister.de ;
- direkte Einreichung bei Gericht in Papierform;
- direkte Einreichung bei Gericht per EGVP, sofern das Gericht am elektronischen Rechtsverkehr teilnimmt.
Praxishinweis:
Welcher Weg der Einreichung vorzugswürdig ist, muss im Einzelfall bestimmt werden, wobei u.a. die Zahl der in Betracht kommenden Gerichte, die Kosten der Einreichung und der Stand des Verfahrens eine Rolle spielen können.
1. Zentrale Einreichung beim elektronischen Schutzschriftenregister
Regelmäßig wird sich eine Einreichung beim elektronischen Schutzschriftenregister anbieten. Auch wenn § 2 Abs. 5 Nr. 1–3 SRV eine Einreichung über eine DE-Mail-Adresse, über das besondere elektronische Anwaltspostfach nach § 31a BRAO und über ein elektronisches Postfach, das auf gesetzlicher Grundlage errichtet ist und dem Anwaltspostfach entspricht, vorsieht, ist derzeit – aus teilweise bekannten Gründen – nur eine Einreichung per EGVP und über das Internet-Formular des Schutzschriftenregisters möglich. In beiden Fällen bedarf es bestimmter technischer Voraussetzungen, da die Schutzschrift bzw. die Nachricht zwingend mit einer gültigen qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen werden muss. Dieser Umstand und die Tatsache, dass die Einreichung der Schutzschrift gem. § 1 Nr. 5a Justizverwaltungskostengesetz i.V.m. Nr. 1160 KV mit einer Gebühr i.H.v. 83 EUR verbunden ist, mögen im Einzelfall dagegen sprechen, eine Schutzschrift beim zentralen Register einzureichen.
Hinweis:
Es ist zu erwarten, dass die Gerichte den Abruf des elektronischen Schutzschriftenregisters so organisieren werden, dass beim Eingang eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung innerhalb des geschlossenen Justiznetzwerks überprüft wird, ob eine Schutzschrift vorliegt. Auch wenn die Erläuterungen im Referentenentwurf zur Schutzschriftenverordnung (vgl. S. 12) einen weiteren Abruf unmittelbar vor Erlass fordern und das zentrale Schutzschriftenregister den Richtern technisch zugänglich ist, kann eine abermalige Prüfung durch das Gericht nicht zwingende erwartet werden. Dies vorausgesetzt werden solche elektronischen Schutzschriften keine Berücksichtigung finden können, die erst nach Eingang des Antrags beim Gericht, aber noch vor Erlass der einstweiligen Verfügung eingehen. In solchen Fällen ist deshalb die (evtl. zusätzliche) Einreichung einer Schutzschrift in Papierform vorzugswürdig, da Schriftsätze von den Poststellen regelmäßig zu den passenden Akten gereicht werden und daher die zuständigen Richter erreichen.
Im Regelfall, nämlich wenn die Schutzschrift noch vor der erwarteten Einreichung des Verfügungsantrags hinterlegt wird und ein Interesse am Fortgang des Verfahrens besteht, ist die Einreichung der Schutzschrift beim elektronischen Register mit einem unschlagbaren Vorteil verbunden: In der Praxis bestand bisher häufig das Problem, dass den Einreichern von Schutzschriften unbekannt blieb, ob überhaupt ein Arrest- oder einstweiliges Verfügungsverfahren geführt wurde und welchen Ausgang dieses Verfahren nahm. Denn aus Gründen, die hier zumindest im einstweiligen Verfügungsverfahren für unzutreffend gehalten werden, wurde § 922 Abs. 3 ZPO regelmäßig von den Gerichten so aufgefasst, dass dem Antragsgegner im Falle ...