Der durch einen Verkehrsunfall Geschädigte verhielte sich geradezu fahrlässig, wenn er im Falle der Schädigung durch ein Kraftfahrzeug nur dessen Fahrer und nicht auch den Halter bzw. die Haftpflichtversicherung in Anspruch nehmen würde. Er muss den Schaden aber ein und demselben tatsächlichen Vorgang zuschreiben.
Beispiel:
Verlangt wird u.a. Schmerzensgeld wegen eines Schleudertraumas, das der Kläger in erster Linie einem Verkehrsunfall vor drei Jahren zuschreibt. Er hält es aber für möglich, dass das Schleudertrauma sich zusätzlich nach einem zweiten Verkehrsunfall, der sich ein Jahr später ereignete, im Rahmen des Gesamtbildes seiner körperlichen Beeinträchtigungen ausgewirkt haben könne, so dass er deshalb beide Unfallgegner auf Zahlung des gleichen Schmerzensgeldbetrags verklagt. In diesem Fall wurde eine Gerichtsbestimmung abgelehnt (OLG Celle, Beschl. v. 8.7.2005 – 4 AR 68/05).
Bei Verkehrsunfällen im Ausland ist § 32 ZPO nicht anwendbar, auch wenn ausschließlich Personen mit Sitz in Deutschland beteiligt sind. Halter, Fahrer und Haftpflichtversicherung können zwar vor dem Gericht ihres allgemeinen deutschen Gerichtsstandes verklagt werden (vgl. § 40 Abs. 4 EGBGB), i.d.R. fallen die Gerichtsstände aber auseinander.
Literaturhinweis:
Zur Behandlung des EU-Auslandsunfall in der Praxis des deutschen Kfz-Haftpflichtprozesses vgl. Lafontaine ZAP F. 9, S. 909 ff.
a) Beteiligte
Nach Art. 10 S. 1 EuGVVO kann der Haftpflichtversicherer auch vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Ist bereits eine Klage des Geschädigten gegen den Versicherten oder den Versicherer vor einem deutschen Gericht anhängig, lässt Art. 11 EuGVVO eine Ladung des jeweils anderen nach Streitverkündung als Streithelfer vor dieses Gericht zu. Sollen Versicherter und Versicherer gemeinschaftlich auf Schadensersatz verklagt werden, ist Gerichtsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht nur möglich, sondern empfehlenswert. Der gesetzliche Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer gleicht jedenfalls den Ansprüchen gegen Halter und Fahrer gem. §§ 7, 18 StVG. Der Unfall als solcher schafft Gleichartigkeit, was den tatsächlichen Grund anbelangt.
b) Auswahlkriterien
Das Kriterium der "Zweckmäßigkeit" hat fast immer zur Folge, dass der allgemeine Gerichtsstand des gegnerischen Fahrers als gemeinsamer Gerichtsstand bestimmt wird mit der Erwägung, dass nur er zur Aufklärung des Unfallgeschehens beitragen könne (z.B. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.10.2003 – I-19 Sa 87/03 – Niederlande; v. 14.2.2008 – I-5 Sa 4/08 – Marokko; v. 9.12.2008 – I-5 Sa 88/08 – Irland; v. 17.2.2009 – I-5 Sa 2/09 – Schweiz; v. 3.9.2009 – I-5 Sa 58/09 – Niederlande; v. 15.1.2010 – I-5 Sa 91/09 – Serbien). Ist der Fahrer nicht aufzufinden, bleibt allerdings nur der allgemeine Gerichtsstand der Haftpflichtversicherung (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.2.2005 – I-5 Sa 110/04 – vgl. § 115 Abs. 1 Nr. 3 VVG). Bisweilen kann aber auch darauf abgestellt werden, wo benannte Zeugen wohnen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.4.2006 – I-5 Sa 37/06; v. 11.11.2008 – I-5 Sa 78/08). Das gilt auch bei Bestimmungen eines gemeinschaftlichen Gerichts nach Klageerhebung.
c) Einzelne Kombinationen
- Halter und Haftpflichtversicherung mit verschiedenem allgemeinen Gerichtsstand werden nach einem Verkehrsunfall in Polen vor dem Landgericht M, dem Wohnsitzgericht des Halters, verklagt. Das Wohnsitzgericht des Halters wird als gemeinschaftliches Gericht bestimmt, weil in seinem Bezirk alle Zeugen wohnen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.4.2006 – I-5 Sa 37/06; v. 11.11.2008 – I-5 Sa 78/08).
- Nach einem Verkehrsunfall in den Niederlanden werden Fahrerin und Versicherung vor dem Amtsgericht V, bei dem keiner von beiden seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, verklagt. Das Amtsgericht V weist auf seine örtliche Unzuständigkeit und, nachdem der Kläger Verweisung an das Amtsgericht N, in dessen Bezirk der Fahrer seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, beantragt hat, auf dessen örtliche Unzuständigkeit hinsichtlich der Versicherung hin. Auf das daraufhin gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gestellte Gesuch bestimmt das höhere Gericht das Amtsgericht N als zuständig, weil nur die Fahrerin zur Aufklärung des Geschehens beitragen könne (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.10.2003 – I-19 Sa 87/03).
- Fahrer mit unbekanntem Aufenthalt und Haftpflichtversicherung werden nach einem Verkehrsunfall in Rumänien vor dem Landgericht D, in dessen Bezirk die Versicherung ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, auf Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 25.000 EUR verklagt. Das Landgericht D wird als zuständig bestimmt, weil der Prozess gegen die Versicherung auch ohne Beteiligung des Fahrers betrieben werden kann (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.2.2005 – I-19 Sa 110/04).
- Ebenfalls nach einem Verkehrsunfall in den Niederlanden werden Halter, Beifahrer und Haftpflichtversicherung verklagt. Beifahrer und Haftpflichtversicherung rügen die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts N, da sie nicht ihren Wohnsitz bzw. Sitz in dessen Bezirk haben, sondern lediglich der Halter. Es nütz...