Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ist zwar – nach einigen technischen Schwierigkeiten – bereits vor gut einem Jahr an den Start gegangen (vgl. ZAP Anwaltsmagazin 24/2016, S. 1269). Eine Mehrheit der Anwälte hatte davon jedoch zunächst keinen Gebrauch gemacht, so dass sich die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) angesichts von erst 22.500 Registrierungen für das neue Postfach im Juli vergangenen Jahres veranlasst sah, einen Appell zur Erstregistrierung an alle Nichtnutzer zu richten (vgl. dazu ZAP Anwaltsmagazin 15/2017, S. 779). Denn eine – auch passive – Nutzungspflicht gab es zunächst nicht, sie wurde erst mit der Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung (RAVPV) nachgereicht und auf den 1.1.2018 festgelegt.
Allerdings vermeldete die BRAK kurz vor diesem Termin – am 22. Dezember 2017 –, dass es ein technisches Problem gebe: Ein für die beA-Anwendung notwendiges Zertifikat sei, wie man kurzfristig erfahren habe, nicht mehr gültig. Deshalb sei es notwendig, dass alle beA-Nutzer vor der nächsten Nutzung des Postfachs ein zusätzliches Zertifikat installieren. Eine detaillierte 22-seitige Anleitung zum Download und zur Installation der neuen Software wurde mitgeliefert. Schon wenige Tage später, am 27. Dezember, riet die BRAK aber zur sofortigen Deinstallation des neuen Zertifikats, da dieses "möglicherweise Sicherheitsrisiken für die individuelle PC-Umgebung" mit sich bringe.
In einer Pressemitteilung vom gleichen Tage erklärte der Vizepräsident der BRAK, Dr. Martin Abend: "Es ist bedauerlich, dass das beA, eine für die deutsche Anwaltschaft besonders wichtige technische Errungenschaft, derzeit nicht zur Verfügung steht. Die BRAK räumt der Sicherheit des beA und aller Anwältinnen und Anwälte, die das beA einsetzen, absoluten Vorrang ein. Das betrifft insbesondere auch mögliche Hackerangriffe auf die Client-Security". Daher habe die BRAK auch vom technologischen Dienstleister vorgeschlagene Zwischenlösungen verworfen. "Im Interesse eines sicheren elektronischen Rechtsverkehrs und zum Schutze der Anwaltschaft wird das beA wieder zur Verfügung stehen, sobald unser Dienstleister eine Lösung für diese Sicherheitslücke gefunden hat", so Dr. Abend.
Auf Nachfrage der ZAP-Redaktion erläuterte die BRAK weiter: "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt müssen wir davon ausgehen, dass bis zum 1. Januar keine hinreichende Lösung umgesetzt werden kann, die sowohl den Fortbestand der Sicherheit der beA-Webanwendungen wie auch die Sicherheit der individuellen Client-Security eines jeden Anwalts garantieren kann. Bevor dies nicht der Fall ist, wird die BRAK aber die beA-Plattform nicht erneut freischalten."
Aus einem Schreiben des BRAK-Präsidenten Ekkehart Schäfer vom 3.1.2018 geht hervor, dass momentan davon ausgegangen wird, dass das beA auch im Januar nicht erreichbar und nicht adressierbar sein werde, auch nicht für Gerichte oder andere nichtanwaltliche Teilnehmer am elektronischen Rechtsverkehr. Zur passiven Nutzungspflicht erklärte Schäfer: "Während das beA offline ist, kann die von uns Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten grundsätzlich ab 1. Januar 2018 zu beachtende passive Nutzungspflicht natürlich nicht erfüllt werden. Die BRAK hat daher umgehend nach Weihnachten das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz offiziell hierüber in Kenntnis gesetzt. In den nächsten Tagen werden wir das Gespräch mit den zuständigen Vertretern des Ministeriums suchen." Über das weitere Vorgehen will die BRAK u.a. auf ihrer Webseite ( www.brak.de) informieren.
Angesichts dieser Schwierigkeiten hatte sich auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) zu Wort gemeldet. Er mahnte "transparente" Informationen seitens der BRAK an und forderte für die Zukunft die Einrichtung eines unabhängigen Fachbeirats für das beA. So bestehe die Chance, dass das Risiko von Problemen wie diesem in der Zukunft minimiert werden könne.
[Red.]