Weitere Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nach den §§ 935, 940 ZPO sind eine besondere Eilbedürftigkeit, der Verfügungsgrund. Zur Abwendung wesentlicher Nachteile muss bereits vor einer Klärung strittiger Rechtsfragen im regulären Hauptsacheverfahren vorab im Wege der summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine (vorläufige) Regelung zwingend erforderlich sein.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass erst diese besondere Eilbedürftigkeit es rechtfertigt, dass in einem summarischen Verfahren, in dem die Möglichkeiten Tatsachenvortrag zu halten bereits aufgrund der Kürze der Zeit stark eingeschränkt sind und in dem nur eingeschränkte Beweismöglichkeiten bestehen (vgl. § 294 Abs. 2 ZPO) zulasten des Schuldners entschieden werden kann. Es ist nicht Sinn einer einstweiligen Verfügung, eine möglichst schnelle Erfüllung des Verfügungsanspruchs zu ermöglichen.
Hinweis:
Etwas anders mag (nur) dann gelten, wenn der Schuldner das Bestehen des Verfügungsanspruchs einräumt, dieser also „unstreitig” besteht. Denn in diesem Fall ist eine Prüfung des Verfügungsanspruchs nicht erforderlich; auf die Besonderheiten des summarischen Verfahrens kommt es damit nicht mehr an.
Im Einzelnen hängen die Erfordernisse von der Art der beantragten einstweiligen Verfügung ab.
a) Sicherungsverfügung
Die sog. Sicherungsverfügung i.S.d. § 935 ZPO bezweckt die Sicherung von solchen Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind und daher nicht durch Arrest gesichert werden können. Ihr Zweck besteht darin, die Verwirklichung des Anspruchs dadurch zu sichern, dass der bestehende Zustand in Bezug auf einen bestimmten Streitgegenstand erhalten bleibt. Dieser Grund für die Sicherung muss zur Abwendung einer Gefährdung des Gläubigerinteresses im Eilverfahren objektiv notwendig sein. Es müssen Umstände bestehen, die nach dem Urteil eines vernünftigen Menschen befürchten lassen, die Verwirklichung des Anspruchs sei durch eine bevorstehende Veränderung des bestehenden Zustandes gefährdet.
Beispiel:
Es droht ein wesentlicher Substanzverlust durch die unerlaubte Weiterbenutzung eines Geräts. Der Schuldner plant, seinen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen.
Hinweis:
Gemäß § 938 ZPO liegt es im freien Ermessen des Gerichts festzulegen, welche Maßnahmen zur Sicherung des gegenwärtigen Zustands erforderlich sind. Zwar wird der Gläubiger i.d.R. eine bestimmte Maßnahme beantragen, daran ist das Gericht aber nicht gebunden. § 308 Abs. 1 ZPO entfaltet hier nur insoweit Wirkung, als die angeordnete Maßnahme nicht über den Antrag des Gläubigers hinausgehen darf.
b) Regelungsverfügung
Zur Sicherung des Rechtsfriedens kann eine sog. Regelungsverfügung erlassen werden. Nach § 940 ZPO sind einstweilige Verfügungen auch zum Zweck der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insb. bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei ist vom Interesse des Gläubigers auszugehen, wie es sich aufgrund der tatsächlichen Lage objektiv darstellt.
Hinweis:
Auch für die Regelungsverfügung gilt § 938 ZPO, d.h. es steht im Ermessen des Gerichts, welche Regelung es trifft. Wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache kann diese Regelung allerdings nur für die Zeit bis zur endgültigen Entscheidung getroffen werden.
c) Leistungsverfügung
Nur in Ausnahmefällen ist i.R.v. § 940 ZPO eine sog. Leistungs- oder Befriedigungsverfügung zulässig. Diese Leistungsverfügung gewährt dem Gläubiger nicht nur eine Sicherung, sondern Erfüllung. In diesen Fällen müssen daher besondere Umstände vorliegen, die einen derartigen Ausspruch rechtfertigen. An das Vorliegen des Verfügungsgrundes ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Der Antragsteller muss auf die Erfüllung seines Anspruchs dringend angewiesen sein, die geschuldete Handlung ist so kurzfristig zu erbringen, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich ist und der dem Antragsteller aus der Nichterfüllung drohende Schaden muss außer Verhältnis zu dem Schaden stehen, der dem Antragsgegner aus der sofortigen vorläufigen Erfüllung droht (LAG Hamburg, Urt. v. 24.7.2013 – 5 SaGa 1/13).
Darüber hinaus bedarf es zur Sicherstellung des verfassungsrechtlichen Gebots der Ausgewogenheit des einstweiligen Rechtsschutzes eine am jeweiligen Einzelfall orientierte Abwägung der Interessen beider Parteien (vgl. LAG Hessen, Urt. v. 17.7.2019 – 10 SaGa 738/19, NZA-RR 2019, 567; LAG Köln, Beschl. v. 20.1.2011 – 7 TaBVGa 9/10). Eine Leistung- oder Befriedigungsverfügung darf nur ergehen, wenn der Verfügungskläger auf die sofortige Erfüllung des Anspruch dringend angewiesen ist, die geschuldete Leistung, wenn sie ihren Sinn nicht verlieren soll, so kurzfristig erbracht werden muss, dass eine Verweisung auf das Hauptsacheverfahren praktisch einer Rechtsverweigerung gleichkäme und bei der Abwägung der beiderseitigen schutzwürdigen Interessen das Interesse des Gläubigers an dem Erlass de...