Unter prozessualem Aspekt muss der Kfz-Käufer das Vorhandensein der Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 im Prozess darlegen und beweisen, während die ausnahmsweise Zulässigkeit einer festgestellten Abschalteinrichtung aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses in Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 der Darlegungs- und Beweislast des Kfz-Herstellers unterliegt (so auch zum „Thermofenster” OGH, Beschl. v. 27.6.2023 – 1 Ob 149/22a, BeckRS 2023, 19264). Stellt also der (Tat-)Richter das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung fest, muss der Kfz-Hersteller darlegen und beweisen, dass er bei der Ausgabe der Übereinstimmungsbescheinigung weder vorsätzlich gehandelt noch fahrlässig verkannt hat, dass das Kfz den unionsrechtlichen Vorgaben nicht entspricht. Beruft sich der Fahrzeughersteller zu seiner Entlastung auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum, gelten dafür die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten (strengen) Grundsätze (s. insb. und m.w.N. BGHZ 89, 296, 302 = NJW 1984, 1028, 1030; BGH NJW 2011, 3229, 3230). Dem ist auch zuzustimmen, da gerade von weltweit tätigen Automobilkonzernen erwartet werden darf, dass sie technisch wie rechtlich stets „up to date” sind und eventuelle Zweifelsfragen in Kfz-Zulassungsfragen unverzüglich mit dem zuständigen KBA verbindlich klären – im wohlverstandenen Eigen- wie Kundeninteresse. Kann sich der Kfz-Hersteller (erst) danach von jedem Verschulden entlasten, haftet er nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV nicht. Dies ist auch folgerichtig, da das Recht der unerlaubten Handlung (§§ 823 ff. BGB) für eine deliktische Haftung des Schädigers grds. ein Verschulden voraussetzt, wenn sich der Gesetzgeber nicht für ein strengeres (d.h. verschuldensunabhängiges oder haftungsvermutendes) Haftungsregime entschieden hat (s. dafür insb. die Haftung gem. § 7 Abs. 1 StVG sowie nach § 18 Abs. 1 StVG mit Exkulpationsmöglichkeit). Daher können in den o.g. Fällen deutsche Gerichte eine verschuldensunabhängige deliktische Haftung auch nicht (extra legem) anordnen, vielmehr wäre der Gesetzgeber gefragt, wenn auch insoweit auch verschuldensunabhängig gehaftet werden sollte (oder bei entsprechender unionsrechtlicher Auslegung: müsste). Dies entbindet die deutschen Gerichte aber nicht von der Verpflichtung einer „unionsfreundlichen” Auslegung des (nationalen) Schadensersatzrechts, soweit hier Auslegungsspielraum und auch -notwendigkeit (so der EuGH, a.a.O.) besteht. Nicht vom BGH erörtert wird die angesichts der aktuellen strafrechtlichen Dimension dieser Fälle (naheliegende) Frage nach einer Schadensersatzhaftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB (s. insb. das Urteil des LG München II gegen den früheren Audi-Vorstand R. Stadler u.a., nicht rkr. Urt. v. 27.6.2023 (zu §§ 263, 13 StGB) – W 5 KLs 64 Js 22724/19, vgl. becklink 2027523; vgl. zur anhängigen Revision becklink 2027602).