Der allgemeine Kündigungsschutz (§§ 1–14 KSchG) schützt Arbeitnehmer vor dem Ausspruch einer ordentlichen Kündigung insofern, als ein Arbeitgeber eine Kündigung auf einen betriebs-, personen- oder verhaltensbedingten Kündigungsgrund stützen muss, § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG. Ferner ist eine Kündigung unwirksam, wenn der Betriebs- oder Personalrat der Kündigung aus einem der in § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG genannten Gründen widerspricht.
a) Geltungsbereich
In den persönlichen Geltungsbereich des allgemeinen Kündigungsschutzes fallen alle Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse seit sechs Monaten ununterbrochen in demselben Betrieb oder Unternehmen bestehen (§ 1 Abs. 1 KSchG). Entscheidend ist der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses, wobei Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber bei engem sachlichen Zusammenhang zusammengerechnet werden (BAG NZA 2007, 1103, 1104). Für die Frage, ob die Wartezeit erfüllt ist, ist auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung abzustellen (BAG AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 8).
In den betrieblichen Geltungsbereich fallen grundsätzlich nur Betriebe, die i.d.R. mehr als zehn, d.h. mindestens 10,25 Arbeitnehmer beschäftigen (§ 23 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 KSchG; zur Berechnung vgl. § 23 Abs. 1 S. 4). Für Arbeitsverhältnisse, die bis zum 31.12.2003 begonnen haben, kann nach § 23 Abs. 1 S. 2 u. 3 Hs. 2 KSchG der betriebliche Geltungsbereich auch schon ab 5,25 Arbeitnehmern eröffnet sein.
Hinweis:
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen des persönlichen (BAG APNews 2013, 203, 206) und des betrieblichen (BAG AP KSchG 1969 § 23 Nr. 42) Geltungsbereiches trägt der Arbeitnehmer.
b) Personenbedingte Kündigung
Ein personenbedingter Kündigungsgrund kommt in Betracht, wenn der Arbeitnehmer die Fähigkeit oder Eignung zur Erfüllung der geschuldeten Arbeitsleistung verloren hat (BAG NZA 2003, 483, 485). Im Einzelnen ist zu prüfen, ob
- dem Arbeitnehmer im Kündigungszeitpunkt die Fähigkeit oder Eignung, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, fehlen oder sie erheblich eingeschränkt ist,
- mit ihrer baldigen Wiederherstellung nicht gerechnet werden kann,
- eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses vorliegt, die auch zukünftig zu befürchten ist,
- sie nicht durch eine Umsetzung des Arbeitnehmers beseitigt werden kann und
- ob die Kündigung nach einer umfassenden Interessenabwägung als billigenswert und angemessen erscheint.
Klassischer Anwendungsfall der personenbedingten Kündigung ist die Erkrankung des Arbeitnehmers. Allerdings hat sich hier eine Kasuistik gebildet, die eine Unterscheidung erforderlich macht, ob wegen
- häufiger Kurzerkrankungen (BAG AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 22; NZA 2015, 612 ff.),
- dauerhafter Arbeitsunfähigkeit (BAG NZA 2007, 1041 ff.; NZA 2015, 931 ff.),
- langandauernder Erkrankung (BAG NJW 1981, 298 ff.; NZA 1999, 978 ff.; NZA 2007, 1041 ff.) oder
- krankheitsbedingter Leistungsminderung (BAG NZA 1992, 1073 ff.; NJW 2004, 2545 ff.)
gekündigt wird.
Wichtig in allen Fällen ist, dass die vorherige Durchführung eines Präventionsverfahrens oder betrieblichen Eingliederungsmanagements (§ 84 Abs. 1 u. 2 SGB IX) keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist. Allerdings trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) objektiv nutzlos gewesen wäre (BAG NZA 2015, 612, 615).
c) Verhaltensbedingte Kündigung
Eine verhaltensbedingte Kündigung kommt in Betracht (vgl. BAG AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87), wenn
- der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten
- eine Vertragspflicht erheblich – i.d.R. schuldhaft – verletzt,
- das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird,
- eine zumutbare Möglichkeit einer anderen Beschäftigung nicht besteht und
- die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint.
Ferner muss aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden können, der Arbeitnehmer werde auch zukünftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (BAG NZA 2008, 589, 592). Deshalb – und aus dem ultima-ratio-Prinzip folgend – setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus (BAG NZA 2013, 91, 92).
Begeht der Arbeitnehmer nach vorangegangener Abmahnung eine gleichartige Pflichtverletzung, die aus demselben Bereich stammt, ist die Negativprognose zu bejahen (BAG NZA 2008, 589, 592; BAG NZA 2011, 1342, 1443 f.). Hingegen kann eine Kündigung nicht auf einen abgemahnten Grund gestützt werden (BAG NZA 2008, 403, 404).
Praxishinweis:
Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG NZA 2014, 250, 251).
d) Betriebsbedingte Kündigung
Eine Kündigung, die auf betrieblichen Gründen basi...