Im Falle des LG Detmold (Urt. v. 11.8.2016 – 9 O 51/16) hatte der klagende Versicherungsnehmer im Jahr 2012 bei einem Händler einen Pkw erworben, der von dem sog. Abgasskandal betroffen war. Der Kläger beabsichtigte gegenüber dem Händler Mängelgewährleistungsansprüche, in erster Linie Rücktritt vom Vertrag bzw. Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung, sowie Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller des Pkw geltend zu machen. Seine Rechtsschutzversicherung lehnte den Deckungsschutz gegenüber einer Klage gegen den Händler teilweise mit der Begründung ab, die beabsichtigte Klage sei mutwillig i.S.d. § 1 ARB.
Hieraufhin erstellten die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers einen Stichentscheid gem. § 18 ARB. Die Rechtsschutzversicherung wies diesen Stichentscheid wegen angeblicher erheblicher Abweichung von der wirklichen Sach- und Rechtslage als nicht bindend ab.
Mit seiner vor dem LG Detmold erhobenen Klage hat der Kläger die Feststellung beantragt, die beklagte Rechtsschutzversicherung sei verpflichtet, die Kosten der außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsverfolgung hinsichtlich seiner Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Händler und hinsichtlich seiner Schadensersatzansprüche gegenüber dem Hersteller zu tragen, die auf dem Kauf des Fahrzeugs beruhten. Ferner hat der Kläger die weitere Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm alle Schäden zu ersetzten, die ihm aus der unberechtigten Deckungsablehnung entstanden seien oder noch entstehen würden. Schließlich hat der Kläger die Freistellung von den Kosten des Stichentscheids begehrt.
Im Deckungsprozess hat sich die beklagte Rechtsschutzversicherung u.a. dahingehend eingelassen, die beabsichtigte Vorgehensweise gegenüber dem Händler sei mutwillig. Der dem Kläger daraus erwachsende Nutzen stehe nämlich in keinem Verhältnis zu den zu erwartenden Prozesskosten. Eine Behebung des Mangels sei durch ein Software-Update oder durch den Einbau eines zusätzlichen Teiles mit einem geringen Kosten- und Zeitaufwand möglich.
Das LG Detmold hat der Deckungsklage in vollem Umfang stattgegeben, weil die Rechtsschutzversicherung an den Stichentscheid gebunden sei. Dieser Stichentscheid habe auch von den mit der beabsichtigten Prozessführung beauftragten Rechtsanwälten des Klägers erstellt werden können. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Rechtsanwälte sei nicht ersichtlich. Dem Einwand der Beklagten, der Stichentscheid entfalte keine Bindungswirkung, ist das LG Detmold nicht gefolgt. Dies setzte nämlich gem. § 18 Abs. 2 S. 3 ARB voraus, dass die Stichentscheidung offenbar von der wirklichen Sach- und Rechtslage erheblich abweiche. Dafür war nach Auffassung des LG Detmold nichts ersichtlich.
Die beabsichtigte Durchsetzung der Ansprüche gegen den Händler und den Hersteller des Pkw hat das LG Detmold nicht als mutwillig angesehen. Es sei nämlich nicht sicher, dass der Mangel im Rahmen einer Rückrufaktion durch ein Software-Update oder ähnliche geringfügige Eingriffe endgültig behoben werden könne. Es sei jedenfalls offen, ob die von dem Hersteller geplanten Maßnahmen ausreichen würden, um das Fahrzeug in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen. So sei nicht ausgeschlossen, dass mit dem möglichen Software-Update andere Nachteile verbunden seien, wie etwa ständig überhöhte Abgaswerte oder Leistungsverlust, Mehrverbrauch oder erhöhter Verschleiß. Ferner könne das betroffene Fahrzeug auch nach der Rückrufaktion in den Augen der Marktteilnehmer einen Makel behalten und hierdurch im Wert gemindert werden.