Obwohl der Regelbedarf nur einen Teil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst – und diese wiederum nur einen Ausschnitt des gesamten Leistungsspektrums des SGB II insgesamt darstellen – steht dessen Höhe seit Inkrafttreten des SGB II im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Verständlich ist dies, weil der Regelbedarf nach § 20 Abs. 1 S. 1 u. 2 einmal insb. Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie sowie persönliche Bedürfnisse – zu denen in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft gehört, es wird daher auch von einem soziokulturellen Existenzminimum gesprochen – umfasst, also die wesentlichen Bedürfnisse des alltäglichen Lebens. Zum anderen wird dieser Bedarf (nur) in Form gesetzlicher Pauschalen (§ 20 Abs. 1 S. 3) in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe nach § 20 Abs. 2–4 bzw. bei Empfängern von Sozialgeld nach § 23 Nr. 1 (die Definition der einzelnen, insgesamt sechs Stufen ergibt sich aus der Anlage zu § 28 SGB XII) erbracht.
aa) Ermittlungs- und Bemessungsgrundsätze
Für das SGB II stellt das SGB XII das Referenzsystem für den Regelbedarf dar: Nach § 20 Abs. 1a wird der Regelbedarf i.H.d. jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 SGB XII i.V.m. Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) festgesetzt.
Die Festsetzung des Regelbedarfs der Leistungsberechtigten erfolgt durch die in der Anlage zu § 28 SGB XII definierten sechs Regelbedarfsstufen, die monatliche Regelsätze als Bedarf anerkennen, § 27a Abs. 3 SGB XII.
Nach § 28 Abs. 2 SGB XII sind bei der Ermittlung der Regelbedarfsstufen nach § 27a Abs. 2 SGB XII Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbrauchsverhalten und Lebenskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch eine Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen, tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen. Zur deren Ermittlung hat das Statistische Bundesamt Sonderauswertungen vorzunehmen. Die Bedarfsermittlung erfolgt demnach nicht mehr, wie bis 1990, durch die Aufstellung eines Warenkorbs im Sinne einer idealtypischen Zusammensetzung von solchen Waren und Dienstleistungen, die zur Deckung des notwendigen Bedarfs als existenznotwendig angesehen werden, sondern entscheidend sind nunmehr die tatsächlichen, statistisch ermittelten Ausgaben und das Verbrauchsverhalten von Haushalten in unteren Einkommensgruppen, deren Einkommen über der Schwelle liegen sollte, ab der Hilfe einzusetzen hat.
Hinsichtlich weiterer gesetzlicher Vorgaben für die Festlegung von Regelbedarfsstufen und Regelbedarf in § 28 Abs. 3–5 SGB XII und im RBEG gilt: Als Referenzhaushalte hinsichtlich des maßgeblichen Ausgabeverhaltens sind zunächst Haushalte auszuwählen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist einmal festzulegen, welche der in Betracht kommenden Haushalte nicht als Referenzhaushalte zu betrachten, also auszuschließen sind, weil sie selbst lediglich Grundsicherungsleistungen beziehen, s. hierzu § 3 RBEG. Nach § 4 RBEG werden zudem als Referenzhaushalte von den Einpersonenhaushalten nur die unteren 15 % und von den Familienhaushalten jeweils die unteren 20 % der Haushalte unterer Einkommensgruppen berücksichtigt. Die sodann normativ vom Gesetzgeber festgelegten sog. regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben – nicht alle statistisch ermittelten Ausgabenpositionen werden berücksichtigt, so etwa nicht bzw. nicht vollständig Kosten für Alkohol, Gaststättenbesuche oder Zierpflanzen – der Einpersonenhaushalte ergeben sich aus § 5 RBEG und aus § 6 RBEG für die Familienhaushalte.
Jährlich fortgeschrieben werden die Regelbedarfsstufen in den Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 SGB XII erfolgt, nach § 28a SGB XII, die Regelsätze nach § 29 SGB XII und die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben nach § 7 RBEG.
bb) Höhe des Regelbedarfs
Die Wohlfahrtsverbände vertreten seit Jahren die Auffassung, der Regelbedarf sei unrichtig und zu niedrig festgesetzt (vgl. nur Stellungnahme der Diakonie Deutschland v. 21.7.2020 zum aktuellen Referentenentwurf des BMAS für ein Gesetz zur Ermittlung des Regelbedarfs und zur Änderung des SGB XII und des AyslbLG; kritisch ferner Becker, Verfahren nach altem Muster, SozSich 2020, 362 [Teil 1] und Heft 11/2020 [Teil 2]).
Die vom BVerfG verlangte Neuberechnung des Regelbedarfs erfolgte zum 1.1.2011. Auch hierüber hatte das BVerfG nach Vorlagebeschlüssen des SG Berlin und einer Verfassungsbeschwerde zu entscheiden (Beschl. v. 23.7.2014 – 1 BvL 10/12 u.a., NJW 2014, 3425, hierzu Sartorius/Pattar ZAP F. 18, S. 1409 ff.). Das Gericht sah die vom Gesetzgeber getroffenen Regelungen zwar derzeit noch als mit dem Grundgesetz vereinbar an, verband seine Ausführungen jedoch mit konkreten Anweisungen an den Gesetzgeber und an die Normanwender (vgl. im Einzelnen: Sartorius/Pattar ZAP F. 18, S. 1410). Eine Umsetzung durch den Gesetzgeber lässt weiter auf sich warten, s. etwa zur weiterhin bestehenden Untererfassung der Stromkosten im Regelbedarf die P...