Eine auf die variable Vergütung bezogene Rückzahlungsklausel verpflichtet den Arbeitnehmer, jährliche Sonderzahlungen und Weihnachtsgratifikationen zurückzuzahlen, wenn er nach einem festgelegten Stichtag, der i.d.R. nach dem Bezugszeitraum liegt, aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (meist bei Ausscheiden vor dem 31.3. des Folgejahres, vgl. Kössel, a.a.O., 2963, 2965). Auch bei Rückzahlungsklauseln führt die Zweckbetrachtung zu einer zweigeteilten Struktur. Entweder wird (auch = Mischform) die Arbeitsleistung vergütet. Dann ist die anspruchsentziehende Rückzahlungsklausel unwirksam. Die Stichtagsklausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, weil sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert (BAG v. 18.1.2012 – 10 AZR 612/10, a.a.O.). Oder die Sonderzahlung knüpft ausschließlich an den Bestand des Arbeitsverhältnisses bzw. die künftige Betriebstreue an. In diesem Fall sind Rückzahlungsklauseln möglich (vgl. Preis/Deutzmann, a.a.O., 101, 107).
Allerdings dürfen derartige Klauseln den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Die Bestimmungen unterliegen einer Inhaltskontrolle durch die Arbeitsgerichte gem. § 307 BGB. Bei Kleingratifikationen bis zu 500 EUR brutto kann eine Rückzahlungsverpflichtung nicht mehr rechtswirksam vereinbart werden. Eine am Jahresende gezahlte Zuwendung, die unter einem Monatsbezug liegt, kann den Arbeitnehmer bis zum 31.3. des Folgejahres binden. Nur wenn die Zuwendung einen Monatsbezug erreicht, ist eine Bindung des Arbeitnehmers über diesen Termin hinaus zulässig (BAG v. 25.4.2007 – 10 AZR 634/06, NZA 2007, 875). Wurde arbeitsvertraglich vereinbart, dass der Arbeitnehmer eine Gratifikation in Höhe eines Monatsgehalts erhält, die je zur Hälfte im Juni und im November des Kalenderjahres zu zahlen ist, kann der Arbeitnehmer durch eine vertragliche Rückzahlungsklausel längstens bis zum Ende des auf den jeweiligen Zahlungszeitpunkt folgenden Quartals gebunden werden. Kündigt der Arbeitnehmer zum 31.3. des folgenden Kalenderjahres, braucht er die Gratifikation weder voll noch zur Hälfte zurückzuzahlen (BAG v. 21.5.2003 – 10 AZR 390/02, NZA 2003, 1032). Verkannt wird in der Praxis bei der Anwendung der einschlägigen BAG-Rechtsprechung häufig, dass das Arbeitsverhältnis nicht über den 31.3. hinaus fortbestehen muss, sondern der Arbeitnehmer bis zu diesem Zeitpunkt wirksam kündigen kann.
Musterformulierung Rückzahlungsklausel (Kössel, a.a.O., 2963, 2966; Boudon in Moll [Hrsg.], MünchAnwaltshdb-ArbR, 3. Aufl. 2012, S. 552):
„Der Arbeitnehmer erhält eine Jahresabschlussvergütung von ... EUR brutto. Diese Gratifikation bezweckt eine Belohnung für künftige Betriebstreue und soll einen Anreiz zu weiterer engagierter Mitarbeit setzen. Sie ist in Abhängigkeit von ihrer Höhe und dem Zeitpunkt eines Ausscheidens wie folgt zurückzuzahlen:
- Beträgt sie 500 EUR oder weniger, besteht unabhängig vom Zeitpunkt des Ausscheidens keine Rückzahlungspflicht.
- Beträgt sie mehr als 500 EUR, aber nicht mehr als ein Bruttomonatsgehalt, besteht Rückzahlungspflicht, wenn der Arbeitnehmer vor dem 31.3. des folgenden Kalenderjahres ausscheidet.
- Ist die Gratifikation höher als ein Monatsgehalt, muss sie bei Ausscheiden vor dem 30.6. des folgenden Kalenderjahres zurückgezahlt werden.”
|