Mit der Frage, ob ein durch einen Arzt ausgestelltes Attest, in dem dieser bestätigt, dass das Tragen eines Mundschutzes für eine Person aus medizinischen Gründen nicht ratsam sei, ein Gesundheitszeugnis i.S.d. §§ 277–279 StGB darstellen kann, befasst sich das LG Frankfurt/M. in seinem Beschluss vom 6.4.2021 (5/26 Qs 2/21, StRR 6/2021, 4 [Ls.]). Vorgeworfen wurde dem Angeschuldigten u.a. der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnis gem. § 279 StGB. Der Angeschuldigte soll am Tattag ein im Internet heruntergeladenes und mit seinem Namen versehenes Attest im Rahmen einer Polizeikontrolle am Flughafen Frankfurt/M. genutzt haben, um den Kontrolleinheiten eine Befreiung von der Maskenpflicht aus medizinischen Gründen vorzutäuschen. Nach den durchgeführten Ermittlungen hat ein Arzt auf einer Internetseite ein von ihm vorunterzeichnetes ärztliches Attest zum Download angeboten. Das Attest bestätigt, dass das Tragen eines Mundschutzes für die Person, für die es „ausgestellt” worden ist, aus medizinischen Gründen nicht ratsam sei. Links oben auf dem Attest heißt es: „To whom it may concern – An den, der ein berechtigtes Interesse daran hat”. Der Name des vorgeblichen Patienten wird durch diesen selbst eingetragen. Neben dem Namen und der Adresse des vermeintlichen Patienten findet sich ein Sternchen. Im unteren Drittel des Attests wiederholt sich das Sternchen mit folgender Ausführung: „Mit der Eintragung meines Namens und meiner Adresse bestätige ich, dass ich nicht an einer Krankheit leide, die das Tragen eines Mundschutzes gebietet, des weiteren, dass ich dieses Attest nicht an Orten verwenden werde, an denen ein Mundschutz allgemein vorgeschrieben ist (z.B. Labors, Isolationszimmer, OP-Saal). In das Attest ist die Kopie einer Approbationsurkunde eingefügt. Eine Anamnese oder Behandlung durch den Arzt hat nicht stattgefunden”.
Die Staatsanwaltschaft hatte den Erlass eines Strafbefehls beantragt, dessen Erlass das AG abgelehnt hat. Das LG hat den AG-Beschluss aufgehoben und die Sache an das AG zurückverwiesen.
Das LG (a.a.O.) bejaht einen hinreichenden Tatverdacht u.a. hinsichtlich § 279 StGB. Bei dem „Attest” handele es sich um ein Gesundheitszeugnis i.S.d. § 279 StGB. Gesundheitszeugnisse i.S.d. § 279 StGB seien Bescheinigungen über den gegenwärtigen Gesundheitszustand eines Menschen, über frühere Krankheiten sowie ihre Spuren und Folgen oder über Gesundheitsaussichten, wobei auch Angaben tatsächlicher Natur, so etwa über erfolgte Behandlungen bzw. deren Ergebnis, erfasst sind (LK-StGB-Zieschang, 12. Aufl., § 277 Rn 2; Cramer/Heine in: Schönke/Schröder, 28. Aufl., § 277 Rn 2 jeweils m.w.N.). Nicht erforderlich sei, dass die Bescheinigung eine Diagnose enthält (so schon BGHSt 10, 157, 158; OLG Frankfurt, Beschl. 11.1.2006 – 1 Ss 24/05; OLG Stuttgart, Urt. v. 25.9.2013 – 2 Ss 519/13). Für die Befreiung von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung durch ein ärztliches Attest sei nicht notwendig, dass in dem Attest die Befundtatsachen benannt werden (so auch: VG Kassel, Beschl. v. 13.11.2020 – 6 L 2098/20.KS). Das Argument, dass „medizinische Gründe” ohne jeden Bezug zu einer Person und zu einem Gesundheitszustand einer Person gegen das Tragen von Masken sprechen könnten und diese sich daher von „gesundheitlichen Gründen” unterscheiden würden, verfange nicht (so aber AG Kempten, Beschl. v. 7.10.2020 – 13 Cs 210 Js 12406/20). So fänden sich auf der Internetseite der Ärztekammer Berlin Hinweise für Ärztinnen und Ärzte zur Bescheinigung eines medizinischen Grundes hinsichtlich der Ausnahme von der Pflicht zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske/einer Mund-Nasen-Bedeckung. Dabei führe die Ärztekammer Berlin aus, dass, um aus medizinischen Gründen von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder einer medizinischen Gesichtsmaske ausgenommen zu sein, nach der Ausnahmevorschrift in der Berliner Infektionsschutzmaßnahmenverordnung gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen müssen, aufgrund derer keine medizinische Gesichtsmaske oder Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden kann.
Insbesondere genüge es – so das LG (a.a.O.) –, dass das Attest bei oberflächlicher Betrachtung oder bei Betrachtung ohne ausreichenden Bildungs- oder Informationshintergrund für ein gültiges Dokument gehalten werden kann (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 19.10.2007 – 32 Ss 90/07; auch insoweit wohl a.A. AG Kempten, Beschl. v. 7.10.2020 – 13 Cs 210 Js 12406/20). Dies sei vorliegend der Fall. Das vermeintliche Attest lasse sich nicht auf den ersten Blick als „offensichtliches Fantasieschriftstück” erkennen. Das verfahrensgegenständliche Dokument sei durch die kontrollierenden Polizeibeamten lediglich aufgrund einer zuvor erfolgten Sensibilisierung, also auf Grundlage eines speziellen Informationshintergrundes, als ungültiges Dokument erkannt worden. Den Beamten sei zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits bekannt gewesen, dass „Atteste” dieses Arztes frei im Internet heruntergeladen werden konnten. Auch die – völlig unüblich – in das Atte...