Die abschließende Entscheidung nach § 41a SGB II war auch Gegenstand eines weiteren Urteils des BSG. In diesem hatte es zu klären, ob auch das bloße Einreichen von Unterlagen einen Antrag auf eine abschließende Entscheidung gem. § 41a Abs. 5 S. 2 Nr. 1 SGB II enthält. Dies verneinte es in seinem Urt. v. 27.9.2023 – B 7 AS 17/22 R (hierzu Kern, NZS 2024, 308 und Meißner, jurisPR-SozR 12/2024 Anm. 1).
Der Beklagte bewilligte der selbstständig tätigen, eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beziehenden Klägerin durch Bescheid v. 4.7.2016 für die Zeit von Juli bis Dezember 2016 Arbeitslosengeld II nur vorläufig. Nach erfolglosem Widerspruch gegen die vorläufige Bewilligung klagte sie. Während der Zeit der Anhängigkeit des sozialgerichtlichen Verfahrens legte sie das Formular Einkommenserklärung für Selbstständige (EKS) mit ihren abschließenden Angaben zu ihrem Einkommen und ihren Ausgaben vor. Mit Bescheid v. 7.5.2018 setzte der Beklagte die Leistungen abschließend fest und forderte 843,70 EUR zurück. Das Sozialgericht wies die Klage auf höhere Leistungen und Aufhebung des Festsetzungs- und Erstattungsbescheids ab. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG geändert und den Bescheid v. 7.6.2016 aufgehoben. Hiergegen wandte sich die Revision des Beklagten. Er rügte eine Verletzung von § 41a Abs. 5 S. 2 Nr. 1 SGB II.
Die Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg. Das BSG gelangte zu dem Ergebnis, dass der Bescheid v. 7.5.2018 rechtswidrig war und die Klägerin in ihren Rechten verletzte.
Voraussetzung einer abschließenden Entscheidung ist, dass im Zeitpunkt, zu dem sie ergeht, noch eine vorläufige Entscheidung vorliegt. Wird nicht innerhalb eines Jahres nach Erlass der vorläufigen Entscheidung abschließend entschieden, gilt die vorläufige Entscheidung als abschließende Entscheidung (§ 41a Abs. 5 S. 1 SGB II). In dem hier zu besprechenden Fall war diese Frist bereits am 31.12.2017 abgelaufen, sodass eine abschließende Entscheidung ausschied, mit der Folge, dass der Beklagte keine Erstattung verlangen konnte (Rn 15 der Gründe). Eine der in § 41a Abs. 5 S. 2 SGB II geregelten Ausnahmen von der Fiktionswirkung lag nicht vor.
Ob ein Antrag vorliegt, ist mangels eigener Normierung im SGB durch Auslegung nach den Vorschriften des BGB zu ermitteln (st. Rspr., z.B. BSG, Urt. v. 2.4.2014 – B 4 AS 29/13 R, juris Rn 16). Die Auslegung des Tatsachengerichts ist nach st. Rspr. des BSG nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob es sich an die Vorgaben der §§ 133, 157 BGB gehalten „und nicht gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat” (etwa BSG, Urt. v. 5.9.2019 – B 8 SO 20/18 R, Rn 14). Von einer weitergehenden revisionsgerichtlichen Überprüfung geht das BSG bei Erklärungen aus, „die bundesweit in großer Zahl identisch abgegeben” werden; sie unterlägen uneingeschränkter revisionsgerichtlicher Kontrolle (Rn 22 der Gründe). Um eine solche Erklärung handele es sich beim Ankreuzen der Option „abschließende Angaben” im EKS-Formular. Dem Ankreuzen des in dem im März 2017 eingereichten Formular enthaltenen Feldes „abschließende Angaben” ist nach den Ausführungen des BSG insb. nicht zu entnehmen, dass sie eine abschließende Entscheidung beantragt habe. Hiermit habe die Klägerin lediglich die Mitwirkungsobliegenheiten erfüllt, auf die sie im vorläufigen Bewilligungsbescheid hingewiesen worden sei.
Das BSG verneinte die Ausnahme von der Fiktionswirkung nach § 41a Abs. 5 S. 2 Nr. 2 SGB II. Hiernach tritt die Fiktionswirkung nicht ein, wenn der Leistungsanspruch aus einem anderen als wegen des für die Begründung der Vorläufigkeit genannten Grundes nicht besteht oder niedriger ist, als in der vorläufigen Entscheidung festgesetzt. Nach der Begründung des Beklagten wurde wegen zukünftiger bzw. noch nicht feststehender Einkünfte vorläufig entschieden. Der Verwaltungsakt v. 7.5.2018 erfolgte, nachdem die tatsächlichen Einkünfte der Klägerin feststanden, war also vom Grund der Vorläufigkeit erfasst. Dies konnte die Fiktionswirkung nicht beseitigen (Rn 24 der Gründe).
Dem Eintritt der Fiktionswirkung stand ferner nicht entgegen, dass die Klägerin gegen die vorläufige Leistungsbewilligung klagte (so schon BSG, Urt. v. 18.5.2022 – B 7/14 AS 1/21 R, juris Rn 15 ff.). Unerheblich war ferner, dass die Klägerin nicht ausreichend an der Sachverhaltsaufklärung mitwirkte. Für diesen Fall sieht § 41a Abs. 3 S. 3, 4 SGB II vor, dass die Leistung in der Höhe festgesetzt wird, in der sie nachgewiesen ist und der SGB-II-Träger im Übrigen feststellt, dass kein Leistungsanspruch besteht (Rn 25 der Gründe im Ansch...