Eine absolute Fahruntüchtigkeit setzt bei dem Führer eines Kfz eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von mindestens 1,1 ‰, bei einem Radfahrer von 1,6 ‰ voraus. Steht eine solche Alkoholisierung fest, wird die Ursächlichkeit für den Verkehrsunfall im Wege des Anscheinsbeweises vermutet (OLG Saarbrücken, Urt. v. 4.4.2013 – 4 U 31/12, zfs 2013, 466; LG Saarbrücken, Urt. v. 18.2.2015 – 14 O 108/14). In diesen Fällen ist eine vollständige Leistungsfreiheit dogmatisch möglich und bereits mehrfach vom BGH bestätigt worden (BGH, Urt. v. 22.6.2011 – IV ZR 205/10, zfs 2011, 511; BGH, Urt. v. 11.1.2012 – IV ZR 251/10). Dies gilt insbesondere bei den Fällen einer absoluten Fahruntüchtigkeit im Grenzbereich zu einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt, wobei sich jedoch jede schematische Lösung verbietet und immer eine Einzelfallprüfung geboten ist. Entlastende vom Versicherungsnehmer plausibel vorgetragene Umstände muss der Versicherer dabei widerlegen.
Eine Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers kann entfallen, wenn er aufgrund einer Volltrunkenheit nicht mehr deliktsfähig i.S.d. § 827 BGB ist. Dies hat der Versicherungsnehmer aber zu beweisen (BGH, Urt. v. 22.6.2011 – IV ZR 225/10, zfs 2011, 511). In der Regel kommt ein solcher Ausschluss nur bei einer erheblichen Alkoholisierung von über 3,0 ‰ in Betracht (OLG Frankfurt, Urt. v. 14.4.1999 – 7 U 87/98, VersR 2000, 883).
Häufig ist jedoch zu Lasten des Fahrers als Abwägungsfaktor zu berücksichtigen, dass von ihm der Straftatbestand des § 315c StGB erfüllt sein dürfte. Diese Strafnorm spiegelt das hohe Gefährdungspotential des Verhaltens auf der Beklagtenseite wieder und führt zu einer entsprechenden Berechtigung zu einer weitreichenden Leistungskürzung (OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.8.2010 – 7 U 102/10, NZV 2011, 296). Dies gilt erst recht, wenn eine zumindest gegebene grobe Fahrlässigkeit angesichts der erheblichen Alkoholisierung eine enge Nähe zu einer Fahrt im Trunkenheitszustand mit bedingtem Vorsatz aufweist. Und i.d.R. wird auch noch zu berücksichtigen sein, dass die Auswirkungen eines Alkoholkonsums im Straßenverkehr hinlänglich bekannt sind (OLG Hamm, Urt. v. 25.8.2010 – 20 U 74/10, NJW 2011, 85; LG Saarbrücken, Urt. v. 18.2.2015 – 14 O 108/14).
Demzufolge ist auch bereits von den nachfolgenden Gerichten eine vollständige Leistungsfreiheit bejaht worden:
Gericht |
Entscheidung |
Az. |
Quote |
Fall |
BGH |
Urt. v. 11.1.2012 |
IV ZR 251/10 |
100 % |
2,1 ‰ |
OLG Dresden |
Urt. v. 15.9.2010 |
7 U 466/10 |
100 % |
2,7 ‰ |
LG Dortmund |
Urt. v. 27.2.2014 |
2 O 370/13 |
100 % |
2,07 ‰ |
OLG Stuttgart |
Beschl. v. 12.8.2010 |
7 U 102/10 |
100 % |
1,29 ‰ |
OLG Hamm |
Beschl. v. 24.3.2010 |
I 20 U 207/09 |
100 % |
1,67 ‰ |
LG Münster |
Urt. v. 24.9.2010 |
15 O 275/09 |
100 % |
1,67 ‰ |
LG Oldenburg |
Urt. v. 24.9.2010 |
13 O 1964/10 |
100 % |
1,5 ‰ |
LG Saarbrücken |
Urt. v. 18.2.2015 |
14 O 108/14 |
100 % |
1,12 ‰ |