Ist eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegekasse gem. § 39 SGB XI die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens sechs Wochen und begrenzt auf höchstens 1.612 EUR pro Kalenderjahr, wenn eine mindestens sechsmonatige Pflege in der häuslichen Umgebung vorausgegangen ist. Ab dem 1.1.2017 gilt dies erst ab einer Pflegebedürftigkeit im (neuen) Pflegegrad 2. Für die Ersatzpflege durch Angehörige sieht § 39 Abs. 3 SGB XI eine weitere betragsmäßige Beschränkung der Verhinderungspflegeleistungen auf das Pflegegeld für sechs Wochen vor; daneben können "bei Bezug der Leistungen in Höhe des Pflegegeldes" bis zum Betrag von 1.612 EUR notwendige Aufwendungen auf Nachweis übernommen werden. Da die Pflegekassen diese Kosten regelmäßig übernehmen, sieht das BSG hier eine Ermessensreduzierung auf Null (BSG, v. 20.4.2016 – B 3 P 4/14 R).
Im entschiedenen Fall beanspruchte der 14-jährige pflegebedürftige Kläger Erstattung von Fahrt- und Unterkunftskosten seines Großvaters zum Familienurlaub in die Schweiz. In dieser Zeit übernahm der Großvater stundenweise die Pflege, damit die sonst pflegende Mutter Skifahren konnte. Das BSG bejahte den Anspruch (BSG, v. 20.4.2016 – B 3 P 4/14 R).
Nach der BSG-Rechtsprechung setzt der Anspruch auf Verhinderungspflege keine Mindest-Verhinderungszeit voraus: Auch eine stundenweise Verhinderung löst den Anspruch aus (BSG, v. 17.5.2000 – B 3 P 8/99 R). Zudem sind die notwendigen Kosten für die Ersatzpflege im Rahmen des Höchstbetrags nicht auf die Verrichtungen des § 14 SGB XI beschränkt, vielmehr sind auch Aufwendungen zur Beaufsichtigung oder Betreuung (BSG, v. 17.5.2000 – B 3 P 8/99 R) erfasst. Das gilt auch – wie jetzt entschieden – für Fahrt- und Unterkunftskosten der Verhinderungspflegeperson (BSG, v. 20.4.2016 – B 3 P 4/14 R), die als notwendige Aufwendungen der angehörigen Verhinderungspflegeperson auch dann zu übernehmen sind, wenn die Verhinderungspflegeperson keine Aufwendungen für die Pflege in Höhe des Pflegegeldes geltend macht. Eine bloße Urlaubsteilnahme des Großvaters sei zwar nicht nach § 39 SGB XI zu finanzieren, hier lägen aber keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Gestaltung vor.
Grundsätzlich ruht der Anspruch auf Pflegeversicherungsleistungen gem. § 34 Abs. 1 Nr. 1 zwar bei einem Auslandsaufenthalt, das gilt aber nicht für das Pflegegeld für einen vorübergehenden Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr im beliebigen Ausland, seit 30.10.2012 unbegrenzt für vorübergehende (Padé, in: jurisPK-SGB XI, § 34 Rn 23) Auslandsaufenthalte innerhalb der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz (§ 34 Abs. 1a SGB XI). Pflegesachleistungen ruhen hingegen. Nur innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz (gem. VO (EG) 883/2004) sowie im Anwendungsbereich mancher Sozialversicherungsabkommen werden sie im Wege der Sachleistungsaushilfe vom Träger des Aufenthaltsorts auf Kosten der deutschen Pflegekasse erbracht. Das BSG (v. 20.4.2016 – B 3 P 4/14 R, teils unter Berufung auf EuGH-Rspr.) ordnet nun die Verhinderungspflege gem. § 39 SGB XI insgesamt den Geldleistungen zu, die während eines vorübergehenden Auslandsaufenthalts gerade nicht ruhen. Der Leistungsausschluss sei der fehlenden Umsetzungs- und Kontrollmöglichkeit geschuldet, die bei der Kostenübernahme für Aufwendungen einer Verhinderungspflege gerade nicht gegeben sei. Für die von Deutschland aus organisierte Begleitung durch eine professionelle Pflegekraft ins Ausland hatten die Pflegekassen das bislang zudem auch schon so gesehen (im Anschluss an LSG BW, v. 11.5.2007 – L 4 P 2828/06).
Hinweis:
Während der Verhinderungspflege ruht grundsätzlich das Pflegegeld (BSG, 17.1.1996 – 3 RK 4/95), es ist allerdings gem. § 37 Abs. 2 S. 2 SGB XI für bis zu vier Wochen im Kalenderjahr in Höhe der Hälfte fortzuzahlen. Das Pflegegeld ruht allerdings nicht im Ausnahmefall einer weniger als acht Stunden dauernden Verhinderungspflege: In diesen Fällen werden Pflegegeld und Aufwendungen für die Verhinderungspflege parallel übernommen (BSG, v. 20.4.2016 – B 3 P 4/14 R, Rn 22–25; so auch der Gesetzgeber BT-Drucks 17/9369, S. 40).